Ein Nachruf von Carl-Wolfgang Holzapfel
Berlin, 1.11.2015/cw – Günter Schabowski, einstiger führender Genosse in der SED-Nomenklatur, ist tot. Er verstarb nach langer, schwerer Krankheit am frühen Sonntagmorgen in einem Berliner Pflegeheim. Schabowski wurde 86 Jahre alt.
Der Verstorbene wurde weltweit als der Mann bekannt, „der die Mauer öffnete.“ Die wahren Hintergründe einer lange als „Versprecher“ bezeichneten Äußerung Schabowskis auf einer Pressekonferenz am legendären 9. November 1989 sind bis heute umstritten. Unabhängig davon gilt die historische Antwort auf die Frage, ab wann denn die vom ZK beschlossene neue Reiseverordnung gelte: „Das tritt nach meiner Kenntnis… ist das sofort, unverzüglich!“ als der lang ersehnte Schlüssel zur Öffnung der Mauer. In dieser Heftigkeit unerwartet stürmten tausende Deutsche auf DDR-Seite an die selektiven Übergänge des Mauer-Staates und verlangten die unverzügliche und sofortige Umsetzung der Schabowski-Erklärung. Nachdem der zuständige Stasi-Offizier am Grenzübergang Bornholmer Brücke entnervt die Sperren öffnen ließ, gab es kein Halten mehr. In der ganzen, bis dahin geteilten Stadt und schließlich an den Grenzübergängen zur bis dahin verfemten Bundesrepublik wurden die Schlagbäume geöffnet, strömte nach 28 Jahren „zusammen, was zusammen gehört“ (Willy Brandt).
Schabowski, der zeitweilig zusammen mit dem verstorbenen Vorsitzenden der Vereinigung 17. Juni, Manfred Plöckinger, in den vierziger Jahren eine NAPOLA (Nationalpolitische Lehranstalt) der NS-Diktatur besucht hatte, gehörte zu den ganz wenigen einstigen SED-Kadern, die nach 1989 öffentlich ihre Mitschuld und Mitverantwortung an Mauer und Stacheldraht, mithin an der zweiten deutschen Diktatur bekannt haben. Neben seiner Rolle am 9.November 1989 – ob freiwillig oder nicht – wird dies im Gedächtnis besonders jener bleiben, die mit vielen Jahren Haft in den Kerkern dieser Diktatur für ihren mutigen Widerstand unsägliches Leid ertragen mussten. Dagegen verblasst in der Tat seine Kader-Rolle in der nach der NSdAP furchtbarsten Partei, die Deutschland zu ertragen hatte.
Wir verneigen uns.
V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin, Tel.: 030-30207785 (1.053)
1 Kommentar
1. November 2015 um 18:02
Bernd Stichler
Günter Schabowski ist tot ( 86 ).
Schabowski war Mandatsträger und ausführender Täter eines diktatorischen Regimes. Aber er hat kurz vor Beendigung seiner Täterschaft Geschichte geschrieben! Und zwar mit einem von ihm gesprochenen Zitat positive Geschichte von einem Ausmaß, dessen Auswirkungen Jahrzehnte fortwirken. Man kann wohl mit Recht sagen, dass Schabowski die größte politische Umwälzung in Deutschland seit 1949 angeschoben hat, mit mehrheitlich positiven Folgen!!! Es wird ihm aus unseren Kreisen wohl niemand nachtrauern, aber seine einen Dammbruch auslösende politische Aussage kann man nicht wegdiskutieren, die ist Weltgeschichte! Und sie ist mit ursächlich für weitere Entwicklungen in Deutschland.
Und nun gibt es in Deutschland nach 25 Jahren wieder eine politische Person, die einen noch viel größeren, sich nicht auf Deutschland allein begrenzenden Dammbruch ausgelöst hat. Unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel hat mit einem Zitat zur unbegrenzten Flüchtlingsaufnahme (auch wenn nicht alle „Flüchtlinge“ sind) einen kontinentübergreifenden Dammbruch ausgelöst, der das Ausmaß des innerdeutschen Dammbruches von 1989 um ein Vielfaches übertrifft. Und diesmal nicht mit positiven Folgen für unser Volk und unser Land, sondern mit verheerenden Folgen für die Deutsche Nation. Und das nicht nur in Bezug auf negative ökonomische Auswirkungen, sondern in bedrohlichem Ausmaß auch auf die nicht mehr zu gewährleistende Sicherheit von privatem Hab und Gut deutscher Staatsbürger und – was noch bedrohlicher ist – auf die körperliche Unversehrtheit deutscher Staatsbürger und auch Bevölkerungsteilen nichtmoslemischer Herkunft!!!
Als anerkanntes Stasi-Opfer muss ich ohne Wenn und Aber gestehen, dass der Name Schabowski in meinen Ohren vor dem heutigen Hintergrund einen besseren Klang hat als der Name Merkel. Also: Der Vertreter einer Diktatur hat positive Weltgeschichte geschrieben – die Vertreterin einer (vorgeblichen) Demokratie schreibt gegenwärtig negative Weltgeschichte.