Stollberg, 22.09.2015/cw – „Hoheneck sichert sich Rechte an DDR-Dokumentation.“ Unter dieser Schlagzeile berichtete die Stollberger Zeitung/Freie Presse über eine vorgebliche Sensation: „Ein Schatz der Zeitgeschichte“ sei aufgetaucht, die Doku „Frauen im Knast“, gedreht in der DDR „vor dem Mauerfall“ im DDR-Frauengefängnis Hoheneck.
Tatsächlich handelt es sich um einen Film, der im Frühjahr 1990 im DDR-Fernsehen gesendet wurde und jetzt im Rundfunkarchiv in Babelsberg aufbewahrt wird. Das der Förderverein sich die Aufführungsrechte für den kommenden Freitag im Rahmen einer Veranstaltungskette in Stollberg zum Thema Gedenkstätte gesichert hat, ist bei den Mitgliedern des Fördervereins nicht das Thema. Unruhe im derzeit aufgewühlten Förderverein lösten die offensichtlich selektierten Einladungen zu der Filmveranstaltung aus. Selbst der jüngst durch das Registergericht bestätigte rechtsfähige Vorstand, der gegenwärtig auftragsgemäß Neuwahlen durchführen soll, Jens Franz und Heike Opitz, erfuhren neben anderen Vereinsmitgliedern erst durch die Presse von den am Wochenende geplanten Veranstaltungen.
Auch der Frauenkreis ehemaliger Hoheneckerinnen, selbst allerdings seit zwei Jahren in Auseinandersetzungen um den Fortbestand des Vereins verstrickt, hat offenbar keine Einladungen erhalten. So kritisiert Tatjana Sterneberg aus Berlin, selbst ehemalige Hoheneckerin, die Nichteinladung ehemaliger Hoheneckerinnen. Diese „sind als Zeitzeuginnen unverzichtbar, zumal diese zunehmend wegsterben würden,“ artikuliert sie ihre Kritik. Ein Verein, der „sich dem Gedenken an die erlittenen Torturen auf Hoheneck widmen will, konterkariert dieses Ziel durch gezielte Ausgrenzungen von Zeitzeuginnen und sogar eigenen Mitgliedern, das ist nicht akzeptabel.“
Andere Mitglieder betonten gegenüber unserer Redaktion bei einer telefonischen Umfrage, dieses Vorgehen verstoße gar gegen die eigene Satzung und das Vereinsrecht.
Der fragliche Film selbst bietet neben Einblicken in die Haftsituation vor dem Ende der DDR keine bemerkenswerten Sensationen. Bei einer Voransicht im Rundfunkarchiv fiel allenfalls auf, dass die Unterscheidung zwischen verurteilten Straftätern und politisch Verfolgten für die Filmemacher offenbar eine untergeordnete Rolle spielte. Durch gleichgewichtige Interviews sowohl mit Straftäterinnen und Mörderinnen wie mit Frauen, die wegen „staatsgefährdender Äußerungen“ oder wegen ihrer Ausreiseanträge oder Fluchtversuche ihrer Freiheit beraubt worden waren besteht die mentale Gefahr einer Gleichsetzung zumindest bei jungen Menschen, die „exclusiv“ (so die Ex-Abgeordnete im Sächsischen Landtag und als Pressesprecherin in der Öffentlichkeit auftretende Uta Windisch (CDU) zu dieser Filmvorführung eingeladen wurden.
„Die katastrophalen
Haftbedingungen in der DDR mögen für die Filmemacher ein berechtigter Anlass gewesen sein, diesen Film zu drehen, zumal in der Zeit des Umbruchs, als der Mut, bisher Unausgesprochenes an- und auszusprechen, die schönsten Blüten hervorbrachte,“ sagte Sterneberg, die den Film in Babelsberg vorab sah. „Mit der Ausklammerung kritischer Auseinandersetzung mit der politischen Verfolgung Andersdenkender in der DDR haben sich die Filmemacher nach ihrem, Sternebergs Eindruck wohl vor dem noch damals gültigen Kodex des Schweigens zu diesem Thema gebeugt.“
Dennoch sei dieser Film ein Zeitdokument, dem Beachtung zukomme, wenn auch nicht die Attitüde der Sensation, wie dies jetzt in Stollberg verkauft werde. Aber das entspräche wohl „eher den Kriterien eines Wahlkampfes um die zu besetzenden Positionen im Förderverein, als sachdienlicher und notwendiger Aufarbeitung des Geschehens vor Ort,“ sagte die ehemalige Vorsitzende des ersten Fördervereins in Stollberg, der sich kürzlich aufgelöst hatte. (1.032)
V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin, Tel.: 030-30207785
7 Kommentare
23. September 2015 um 08:54
Lutz Adler
Da bleibt denke ich nur der Versuch mit den genannten Gründen eine einstweilige Verfügung zu erwirken!
LG lutz
27. September 2015 um 17:54
Edith Fiedler
Hallo Lutz, juristisch ist da alles in trockenen Tüchern, aber gewisse “ Altkader“ scheren sich einen „feuchten Hader“ darum. Denen sind Gesetze der Bundesrepublik Deutschland weder bekannt, noch halten sie sich daran. In ihren Herzen ist die Dikatur tief verwurzelt. So wie in unseren Herzen die Demokratie hell lodert. Da prallen Gegensätze aufeinander.
Die beiden letzten Veranstaltungen sind nicht vom z.Zt. ruhenden Förderverein organisiert worden. Weder diesem, noch den Teilnehmern (Referenten und Zeitzeugen und Geldgebern) darf man das Versagen anlasten. Sie werden einfach mißbraucht und schamlos belogen.
27. September 2015 um 19:52
Vereinigung (AK) 17juni1953 e.V.
Zitat: „Die beiden letzten Veranstaltungen sind nicht vom z.Zt. ruhenden Förderverein organisiert worden.“
Hallo Edith Fiedler, das überrascht, denn lt. örtlichen Presseberichten hat die „Pressesprecherin“ des Fördervereins diese Veranstaltungen der Presse präsentiert. Und Einladungen sind – wenn auch selektiv – vom Verein an Vereinsmitglieder versandt worden.
Auch ruht der Förderverein nicht, wenn überhaupt dann die Arbeit, was ja zwei paar Stiefel wären. Der Förderverein hat lt. Registergericht eine handlungsfähigen Vorstand – nämlich den alten Vorstand. Und der ist beauftragt, ordentliche Neuwahlen durchzuführen.
Was soll jetzt also dementiert werden? Redaktion Hoheneck
28. September 2015 um 06:47
Edith Fiedler
Lieber Redakteur, Dein obiger Beitrag wurde in keiner Weise dementiert. Wie Du richtig schreibst, bezogst Du Dich auf einen Pressebericht. Die FP ist da von Altkadern mißbraucht worden. Mehr möchte ich mich zur Presse im allgemeinen nicht äußern.
Es wurden zu der Hauptveranstaltung einige wenige Zeitzeugen eingeladen, die auch Mitglieder des Fördervereins sind. Das ist für mich keine Selektion. Die Veranstaltungen waren öffentlich und Jederman konnte dabei sein.
Du hast Recht, aus vereinsrechtlicher Sicht ist es vermutlich kein „ruhender“ Verein, Praktisch jedoch ruht der Verein. Mehr habe ich nicht geschrieben. Sämtliche Vereinsunterlagen lagern irgendwo bei der Großen Kreisstadt Stollberg. Die Geschäftsstelle ist ständig verschlossen und niemand ist fernmündlich erreichbar.
Ich habe meine Meinung mit meinem Kenntnisstand zu einem Beitrag von Lutz Adler geäussert. Ich bitte dies zukünftig zu berücksichtigen.
.
28. September 2015 um 20:39
Edith Fiedler
Skandal ! Der Computer in der Geschäftsstelle des Fördervereins in Stollberg ist geknackt! Wie praktisch! Nun kommt man wohl auch nicht an die Mitgliederliste, um ordentlich zur außerordentlichen Mitgliederversammlung einzuladen. Die Berichterstatterin ist nicht befugt, eine Anzeige zu erstatten, teilt sie mit. Was will sie denn uns damit sagen? Sie lebt doch nicht im Wald, sondern in der Bundesrepublik Deutschland. Da ist jeder verpflichtet, eine kriminelle Handlung, die ihm zur Kenntnis gelangt, unverzüglich anzuzeigen.
23. September 2015 um 06:22
angelika
Hallo bitte kann man diesen Film irgendwo käuflich erwerben, er ist doch so wichtig für und Ehemalige endlich mal anderen zeigen zu können, wie zum Beispiel die „Einrichtung“ wirklich war. Das übliche DDR Gesülze im Hintergergrund ist egal, nur Personen und Bilder zählen. Bitte bemüht Euch darum!!!
27. September 2015 um 17:15
Edith Fiedler
Hallo Angelika, habe mal vor einiger Zeit Ausschnitte oder gar den Film gesehen. Er wurde wohl Dez. 1989 gedreht. Da waren bereits die Zustände aus unsrerer, also tiefster DDR- Zeit bereits eiligst beseitigt worden.
Habe gerade aus Stollberg erfahren, dass die Veranstaltung sehr gering besucht war und Zeitzeugen in der Pause gingen, weil ihnen „die kommunistischen Schwindeleien“ auf’s Gemüt schlugen. Wieder mal Stiftungsgelder nicht für die Aufarbeitung von DDR-Unrecht verschleudert.
Dem Netzwerk der Geschichtsverfälscher wird es freuen.