Berlin, 20.08.2015/cw – Am vergangenen Dienstag referierte in der Gedenkbibliothek für die Opfer des Kommunismus in Berlin der ehemalige Grenzsoldat der DDR-Grenztruppen und spätere Fluchthelfer Rudi Thurow über seine Geschichte und wichtige Hintergründe aus der Zeit des Kalten Krieges wie der Nach-Wende-Zeit. Christine Meyer berichtete im Forum FLUCHT UND AUSREISE über den interessanten Abend. Die Zwischenüberschriften wurden durch die Redaktion eingefügt; eine Auslassung (aus rechtlichen Gründen) gekennzeichnet (…).
Fluchttunnel mit Hilfe der Amerikaner
Von Christine Meyer
Wir waren gestern in der Gedenkbibliothek, wo Rudi THUROW erzählte, wie er vom DDR-Grenzpolizisten zum Fluchthelfer wurde.
Auf seiner Flucht nahm er Dokumente über die innerdeutsche Grenze mit und übergab diese den Amerikanern. Die Ami’s leiteten die Unterlagen nicht an den Berliner Senat weiter, weil sie die deutschen Behörden für nicht vertrauenswürdig hielten. Der Grund hierfür ist, dass Westberlin mit DDR-hauptamtlichen IM’s durchzogen war. …
Mit Hilfe der Amerikaner baute Rudi THUROW Fluchttunnel. Generalmajor Karl KLEINJUNG plante die Ermordung Thurows. Zwei Attentate scheiterten, weil THUROW durch die Amerikaner gewarnt wurde, beim dritten hatte er Glück und entkam.
“Belege über Mordanschläge wurden unter Gauck vernichtet“
Nach der Wende beantragte er Akteneinsicht und erhielt die bereinigte Akte durch die Gauck-Behörde. Focus-Journalisten informierten THUROW, dass sie weiteres Material über ihn hätten, welche den Auftragsmord des Generalmajor KLEINJUNG belegten – nachdem der Titel der Veranstaltung „Fluchthelfer Thurow ist zu erschlagen“ gewählt wurde. Es ist eine große Ausnahme, dass Journalisten diese Belege in die Hände fielen. Laut THUROW ist Joachim GAUCK (als BStU /wm) eine Nachlässigkeit passiert.
Sämtliche Belege über Mordanschläge wurden, noch unter GAUCK, vernichtet. Geschadet hat es Herrn KLEINJUNG trotzdem nicht. Er lebte gut situiert bis zum natürlichen Ende. Ebenso wie die Verräter am Tunnelbau. Ein Grieche hatte den Tunnelbau verraten, wodurch Flüchtlinge erschossen und verhaftet wurden. Der Verräter ist bekannt und wird vom deutschen Staat gedeckt.
Die Helfer beim Tunnelbau waren international: Dänen, Belgier… etc. Rudi THUROW erhielt das Bundesverdienstkreuz; seine Kameraden von damals wurden zur Feier nicht eingeladen. Ausländische Staatsbürger haben ihr Leben für die Freiheit der DDR-Flüchtlinge riskiert – ohne die kleinste Aufmerksamkeit durch den deutschen Staat. Rudi THUROW überlegt, ob er das Verdienstkreuz zurückgeben sollte.
“Maulwurf“ für den RIAS wurde hingerichtet
Ein leitender Historiker unter den Zuhörern erforscht die Anzahl der Mauertoten. Staatlich hoch bezahlte Historiker rechnen die Opferzahlen herunter, indem die eine oder andere Gruppe nicht dazu gezählt wird. Die wahren Aufklärer sind die Ehrenamtlichen. Wahre Zahlen gibt es bei Alexandra HILDEBRANDT, Museum Checkpoint Charlie; geschönte Zahlen gibt’s in der Bernauer Straße und im „Tränenpalast“.
Ein Beispiel: Maueropfer gibt es erst seit dem 13.8.1961. Die 200 Toten davor werden nicht gezählt usw. usf. Die Grenze wurde bereits vor dem Mauerbau überwacht, bspw. Zufahrtswege nach Berlin. Am Abend davor wurden im kleinen Kreis die Züge, welche kontrolliert werden sollten, als Befehl für den nächsten Tag festgelegt. Darunter war ein Maulwurf, der die geplanten Aktionen dem RIAS zukommen ließ. Und der RIAS warnte seine Zuhörer vor diesen Zügen. Der Maulwurf flog auf und wurde in Leipzig hingerichtet und seine Leiche an einer bekannten Stelle verscharrt. Nach der Wende verhinderte die DDR-Opposition ein würdiges Begräbnis aller Hingerichteten. Aufgrund von Baumaßnahmen mussten diese dann doch umgebettet werden und sie ruhen jetzt auf dem Südfriedhof Nähe abseitsgelegenen Komposthaufen ohne jeglichen Hinweis, wer sie einmal waren.
Meine Schilderung ist ein bisschen lang geworden. Da kann sich jeder selbst einen Reim darauf machen, wo wir im 26. Jahr nach dem Mauerfall stehen.
Quelle: Flucht und Ausreise –
http://f3.webmart.de/f.cfm?id=2165073&r=threadview&t=3864164&pg=1
3 Kommentare
31. August 2015 um 22:01
Claus Skowronski
Soviel zum Thema Geschichtsschreibung und deren Verfälschung. Hinweis an jüngere aber auch ältere, die im Laufe der Zeit nichts mehr mit dieser Realität zu tun haben. So wars davor und so ist es heute. Man kann nur sofort in der Gegenwart seinem Gewissen folgen; in der Tat etwas zum Positiven versuchen zu wenden. Stillhalten, Zaudern aus Feigheit oder schweigen hat D.land ins Chaos geführt, inclusive DDR-Spätfolgen.
Kein Vertrauen mehr in Politiker, schaut Ihnen auf die Finger und handelt bei Zeiten.
21. August 2015 um 06:26
Gustav Rust
Danke, Kamerad Stichler! So ungefähr sehe ich es auch… Immer wenn ich aus einem der Knäste entlassen wurde und in Bonn ging es um neue Kredite für die Zone, gingen die Hände hoch!
Du kennst doch bestimmt Kameradin Brigitte Bielke, zumindest dem Namen nach. Ihr Mann Hans, Oberschlesier, verstarb. Ich fahre nachher mit dem RE bis Wittenberg und von dort 18 km bis nach Möllensdorf zur Trauerfeier.
Brigitte Bielkes „Fall“ sowie der eines ihrer Söhne (getrenntes Verfahren) ist in meinem Wälzer „In den Fängen von NKWD und Stasi…“ festgehalten.
Kameradschaftliche Grüße,
Gustav Rust
20. August 2015 um 18:29
Bernd Stichler
Gehört nicht zum Thema , ist aber aktuell:
Egon Bahr – Fachmann oder Stümper ?
Als mit der Kanzlerschaft von Brandt unter der heimlichen Regie von Wehner eine Neue Ostpolitik propagiert wurde unter dem Motto Wandel durch Annäherung begannen wir jungen Rebellen der DDR damals Morgenluft zu wittern , Hoffnung zu verspüren dass sich die SED-Diktatur zumindest etwas lockern würde. Damals ahnten wir noch nicht dass wir uns trügerischen Hoffnungen hingaben. Gab es doch bis zu Regierung Brandt keine Weicheier in der Bundesregierung. Und so glaubten wir damals dass wir es bei Brandt und Wehner mit standfesten Politikern zu tun hätten. Wehner war standfest, aber zugunsten der DDR. Brandt selbst war ein politischer Träumer und kein nüchterner Realist , daher konnte Wehner ihn auch lenken und leiten wie er wollte , ohne dass Brand dies je erkannte. Als aus der UNION dann der Widerstand gegen diese neue Ostpolitik publik wurde waren wir in unserer damaligen hoffnungsvollen Naivität tatsächlich sauer auf die Unionsparteien. Aber irgendwann bemerkten wir dass wir auch weiterhin vergeblich auf Verbesserungen warteten , die eine spürbare Lockerung der Diktatur mit sich brachten.Erst später wurde uns klar dass wir bei der Bewertung bundesdeutscher Politiker unter Brandt und Wehner umdenken mussten. Zuerst beobachteten wir noch voller Hoffnung die Verhandlungen zwischen Michael Kohl (Rotkohl) und Egon Bahr, waren wir doch fest überzeugt, in Egon Bahr einen versierten Polit-Profi vorzufinden, der den SED-Vertretern absolut gewachsen ist. Aber letztlich mussten wir mehr und mehr erkennen dass diese Verhandlungen für die Masse der DDR-Bevölkerung gar nichts brachten. Der Westen akzeptierte alle DDR-Forderungen, der Osten akzeptierte NICHTS! Und dieses wurde der bundesdeutschen Öffentlichkeit als Erfolgspolitik verkauft. Es hat einige Jahre gedauert bis wir erkannten dass sich für die DDR-Bevölkerung niemals etwas ändern wird. Wir dachten lange Zeit, Egon Bahr wäre ein routinierter Politikexperte, ein knallharter Verhandlungspartner – weit gefehlt. Egon Bahr entpuppte sich als politischer Nichtskönner, der sich ständig von Michael Kohl über den Tisch ziehen ließ!!! Somit vermag ich persönlich bei Egon Bahr keinerlei politische Verdienste zu erkennen.