Im Vorfeld Eklat um Ausgrenzung der Protagonistinnen

Lübeck, 7.08.2015/cw – Die Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin fungierte als Finanzier: Vor einigen Jahren initiierte sie die eindrucksvolle Ausstellung DER DUNKLE ORT nach dem gleichnamigen Buch von Dirk von Nayhauß (Fotos) und Maggie Riepl (Text) – bebra-Verlag, Berlin. Die Schau zeigt das Schicksal von 25 ehemaligen Insassinnen des berüchtigten DDR-Frauenzuchthauses in Hoheneck. Am 8. August wird die Ausstellung um 17:00 Uhr in der Grenzdokumentations-Stätte Lübeck-Schlutup eröffnet (Bus-Linie 11 ab Lübeck, ZOB-Hbf., Richtung „Zarnewenzweg“ bis Haltestelle „Schlutup-Markt“, von dort 500 m Fußweg. Bus fährt alle 30 Minuten).

Die Ausstellung ist bis zum 30.August Di., Do. Fr. und Sa. von 14:00 – 17:00, So. von 11:00 – 17:00 Uhr geöffnet; Eintritt Erwachsene 3,00 €, Kinder/Jugendliche 2,00 €.

Im Vorfeld der bereits in diversen Orten Deutschlands gezeigten informativen Dokumentation kam es zu einem Eklat. Die Aussteller hatten keine einzige der 25 Protagonistinnen von der Ausstellung informiert geschweige denn als Zeitzeuginnen eingeladen. Zwar war schon vor zwei Jahren Petra Koch unerwartet verstorben. Und von den 24 verbliebenen Frauen stehen nicht alle naturgemäß als Zeitzeuginnen zu jedem Termin zur Verfügung. Dennoch sind immer wieder einige der Protagonistinnen bereit, um den oft bewegten Besuchern die vielfältigen Schicksale zu erläutern.

Das Buch zur Ausstellung. Von links: T.Sterneberg, R.Labahn, U.Bonstedt, E.Thiemann, C.Mäge

Das Buch zur Ausstellung. Von links: T.Sterneberg, R.Labahn, U.Bonstedt, E.Thiemann, C.Mäge

Eine ehemalige Hoheneckerin hat sich nun in einem Protestschreiben an die Verantwortlichen gewandt: „Auf Ihre Veranstaltung wurde ich nicht durch Sie, sondern durch Dritte aufmerksam gemacht“, schreibt Tatjana Sterneberg. Nicht nur sie fände es allerdings „irritierend, dass von den 25 portraitierten Frauen nicht eine zur Ausstellung und/oder zum Zeitzeugengespräch eingeladen wurden.“ Die gezeigten Zeitzeuginnen „haben an der Vorlage zur Ausstellung – dem Buch „DER DUNKLE ORT“ – persönlich mitgewirkt, Texte verfasst und ihre historischen Materialien wie Dokumente und Fotos zur Verfügung gestellt.“ Kritisch merkt Sterneberg an, daß das Verhalten der Aussteller so einzuordnen wäre, „als würde ein Buch vorgestellt werden – nur der Autor ( oder die Autoren) selbst würde /-n weder eingeladen, noch zu Wort kommen dürfen“ Dies sei „heute, besonders im Jahr 25 der Deutschen Einheit“ nach der umfänglichen Zuarbeit und dem Engagement gegen das Vergessen, dass alle diese Zeitzeuginnen seit Jahren einbrächten, besonders „schmerzlich.“ Hier werde der „sensible Umgang und eine angezeigte Rücksprache / Koordination vermisst.“ Es hätte lediglich eines Telefonates mit dem Ausleiher der Ausstellung, der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin, gebraucht, um „eine solche von den Betroffenen als Ausgrenzung empfundene Situation zu verhindern,“ vermerkt Sterneberg abschließend. Gerne hätte sie wie auch weitere der portraitierten Frauen den Weg nach Lübeck gefunden, wenn man sie zumindest rechtzeitig über den Termin informiert hätte.

Die tatsächliche Einladung von zwei Hoheneckerinnen als Zeitzeuginnen, die nicht Bestandteil der Ausstellung sind und der angesetzte Vortrag von Mechthild Günter könnten nicht über dieses offensichtliche Versäumnis hinwegtäuschen, zumal sich besonders die benannte Referentin für eine Auflösung des historischen Erinnerungsvereins „Frauenkreis der ehemaligen Hoheneckerinnen“ engagiert  und sich damit maßgeblich an den gegenwärtige Unruhen in „unserem Verein“ beteiligt hätte, resümierte Sterneberg auf Anfrage gegenüber unserer Redaktion. (1.021)

V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin, Tel.: 030-30207785