Stollberg/Hoheneck, 1.08.2015/cw – Jetzt ist es amtlich: Dietrich Hamann war nach vorliegenden Erkenntnissen der BStU nicht für die Stasi tätig.
Im emotionalen Streit um eine mögliche Verstrickung des umstrittenen Vorsitzenden des Fördervereins Gedenkstätte Hoheneck mit dem Ministerium für Staatssicherheit der DDR hat sich Dietrich Hamann jetzt in einem Anschreiben an die Mitglieder des Vereins gewandt. In dem Schreiben ging Hamann ausführlich auf den in der letzten Mitgliederversammlung geführten Diskurs um eine freiwillige Überprüfung durch die BStU ein:
„Ein wesentlicher Punkt der Beschlussfassungen war die Diskussion um die verpflichtende Einforderung der Stasi-Unbedenklichkeitserklärung durch die Stasi-Behörde. Es gab hierzu eine sehr heftige und emotionale Diskussion, an der ich mich persönlich nicht beteiligte. Im Ergebnis kam es zu einer mehrheitlichen Abstimmung, dass die in der Satzung festgelegte Klausel ausreichend ist.“
Der Autor fragt dann: „Warum musste dann eine, vorwiegend meine Person betreffende Rufschädigung in der Presse erfolgen?“ Hamann beklagt, daß „diese Rufschädigung Auswirkungen bis zu meinen Enkeln“ hatte und fragt, ob „der Hass einiger Mitglieder und Außenstehender so groß (ist), dass sie einen Verein komplett lahm legen oder lahm legen dürfen?“
Jedenfalls habe er, Hamann, schon „immer verbal zum Ausdruck gebracht, ich war weder hauptamtlicher oder inoffizieller Mitarbeiter der Stasi.“ Als Nachweis fügte Hamann ein Schreiben der BStU, Außenstelle Chemnitz, vom 9.07.2015 an, in welchem dem Antragsteller auf seinen „Wiederholungsantrag vom 18.05.2015“ bescheinigt wird:
„Aus den Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik hat sich ergeben, daß unter den von Ihnen eingereichten Daten
Dietrich Herbert Hamann, geboren am .. .. 1944 in Chemnitz
keine Hinweise auf eine hauptamtliche oder inoffizielle Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst vorliegen.“
Nach eigener Darstellung in dem Brief an die Mitglieder war Hamann „ein Handwerker, wie viele andere auch, die Leistungen in und für Hoheneck erbracht haben ohne mit diesen Schergen verbandelt gewesen zu sein.“
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Es fehlt die erforderliche Souveränität
Kommentar von Carl-Wolfgang Holzapfel
Hamann zitiert einen angeblichen Satz aus dem BStU-Schreiben (Zitat: „Im Weiteren steht in diesem Schreiben der BStU wörtlich“), der so in dem beigefügten Unbedenklichkeitsschreiben nicht enthalten ist: „Da die Erschließung der Archive inzwischen weit fortgeschritten ist, gehe ich davon aus, dass auch in Zukunft zu Ihrer Person keine weiteren Unterlagen aufzufinden sein werden.“ Der Schlusssatz lautet hingegen: „Diese Auskunft stützt sich auf den bisher erschlossenen Bestand der Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes in der Zentralstelle Berlin und den Außenstellen Gera und Chemnitz.“ Verfügt Hamann gar über zwei Schreiben der BStU?
Vielleicht sind es ja diese „Ungenauigkeiten“, die Hamann gegenüber seinen Mitgliedern und der Öffentlichkeit Schwierigkeiten bereiten? Jedenfalls konnte Hamann etwaige Verdächtigungen auf eine Verbindung zur Stasi mit dem Schreiben aus Chemnitz ausräumen, das ist zweifellos wichtig – nicht nur für den kritisierten Vorsitzenden.
Warum er vor der Wiederholungsauskunft die „erste Auskunft“ nicht schon längst vorgelegt, warum er in die Satzung des Fördervereins eine „Freiwilligkeit auf Überprüfung“ verankert und – nach eigenem Bekenntnis – zu der jüngsten Diskussion in der letzten Mitgliederversammlung zu diesem wichtigen Thema geschwiegen hat, dazu nimmt Hamann keine Stellung.

Dank der Stadt Stollberg gehen die Arbeiten für eine Gedenkstätte zügig voran: Das ehemalige Frauenzuchthaus wird Schritt um Schritt saniert. –
Foto: LyrAg
Dass er mit diesen Pirouetten selbst einen erheblichen Beitrag zu den Diskussionen um ihn geleistet hat, will Hamann offenbar auch jetzt noch nicht einsehen. Auch seine verbalen, durchaus ehrverletzenden Attacken auf anerkannte ehemalige politisch Verfolgte sprechen nicht für eine erforderliche Souveränität und Sensibilität, die dieses zweifellos wichtige Amt vor Ort erfordert.
Hamann sollte sich mit der Ehrenrettung aus Chemnitz zufrieden geben und sein Amt freiwillig in kompetente Hände übergeben. Eine in seinem Schreiben angeführte „Überlegungsphase“, „ob ich gegen diese Aktivisten (Mitglieder, Nichtmitglieder und einen Redakteur der Freien Presse) rechtliche Schritte einleiten werde“ ist wohl nicht der geeignete Weg, die Wogen zu glätten und sich wieder der eigentlichen Arbeit zuzuwenden, derenthalben der Förderverein einst gegründet worden war: Der Schaffung einer würdigen Gedenkstätte, die an die Leiden von acht- bis zehntausend Frauen in Hoheneck erinnern soll, die zwischen 1950 und 1989 aus allein politischen Gründen ihrer Freiheit beraubt worden waren. (1.019)
V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin, Tel.: 030-30207785
3 Kommentare
1. August 2015 um 09:39
kaiheidi1
Ja auch das erscheint möglich, die Manipulation und das Verfälschen der Auskünfte bei der Unterlagenbehörde. Dies erklärt sich aus den zu vielen „sauberen Westen“. Mein Verdacht ist, dass einige wenige durch Bestechung oder Akten“ver“Schwund, sauber sind.
Ein heutiger Journalist vom MDR, hatte vor über 20 Jahren seine Stasimitarbeitertätigkeit vor laufender Kamera zugegeben. Jahre später bekam ich dann raus, dass er für den MDR tätigt ist. Als ich ihn da aufgespürt habe und um Mithilfe bei der Suche nach meinen geraubten Sohn bat, hetzte er mir einen Berliner Anwalt auf den Hals mit einer Unterlassung, diese Info an seinen Sender zu geben.
Und gleichzeitig war eine Saubermannerklärung der BSTU dem Schreiben beigefügt. Wie ist so was möglich? Seitdem nehme ich an, dass die Behörde nicht „garantiert“ korrekt arbeitet oder aber eine Bereinigung dieser Akten nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden kann.
Auch ist mir bekannt geworden, dass man guten Mitarbeitern der Stasi vor Ende dieser DDR noch Dr. und Ing.-Titel verliehen hat für einen guten Start in der neuen BRD. Also ist dies alles noch möglich gewesen und wird wohl heute wohlwollend weiterhin funktionieren. Die Gauck/Birthler/Jahnbehörde ist in meinen Augen eine Wäscherei für „saubere Westen“
Ich hoffe dass diesmal mein Kommentar erscheint, denn mehrmals wurde er nicht veröffentlicht. Es wäre schade wenn man aus verschiedenen Gruppierungen ausgeschlossen wird, weil man mit einigen Personen nicht klar kommt.
Liebe sommerlich Grüße nach Berlin
Heidi Stein
2. August 2015 um 07:27
Gustav Rust
Liebe Kameradin Heidi,
Du liegst mit Deinen Verdächtigungen schon ganz richtig. Und wenn beim BStU jemand einen Persilschein ausstellt, muß er nicht unbedingt einer der 45 oder 47 Ex-Stasi-Leute sein, die dort noch ihr Brot essen. Hauptsache ist die ominöse Unbedenklichkeitsbescheinigung, der Persilschein…
Heidi, nicht „nur“ Du bist von Löschungen durch Carl-Wolfgang Holzapfel betroffen. Bei mir ist es genauso…
Ob man „guten Stasimitarbeitern“ vor der Auflösung noch Dr.- und Ing.-Titel verlieh, weiß ich nicht. Fakt ist jedenfalls, daß alle, ob Stasi, NVA, VoPo, Zoll etc., noch schnell befördert wurden. Es ging seinerzeit durch die Presse.
Kameradschaftliche Grüße,
Gustav Rust
1. August 2015 um 09:23
a.k.
Wer ist dieser Hamann ? Nur Handwerker? Jede Klofrau, die das Elend dort gesehen hat und dort geblieben wäre, ist für mich eine persona non grata.