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Berlin, 31.07.2015/cw – Philipp Ruch, umstrittener Sprecher des „Zentrums für Politische Schönheit“ hat „aus terminlichen Gründen“ seine Teilnahme an einer Veranstaltung der „Bundesstiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur“ zum Jahrestag des Mauerbaus (1961) abgesagt. Auf ihrer Internet-Seite „bedauern“ die Veranstalter eigens die Absage.
Die Teilnahme Ruchs an der angesetzten Podiumsdiskussion „Flucht und Fluchthilfe in Deutschland: Grenzen überwinden – auch in der Erinnerungskultur?“ am 11.08.2015 (18:00 Uhr, Kronenstr.5) war auf massive Kritik gestoßen, ein möglicher Hintergrund für die von Opferverbänden begrüßte „terminliche Verhinderung“. Ruch hatte mit seiner Initiative zum 25. Jahrestag des Mauerfalls Gedenkkreuze an Tote der Mauer im Schatten des Reichstages entfernt, um diese „symbolisch“ an den Außengrenzen der Europäischen Union aufzustellen. Die in der Aktion gesehene „Schändung von Ehrenmalen“ und der „Erinnerung an Tote“ war seinerzeit u.a. von der Vereinigung 17. Juni in Berlin zur Anzeige gebracht worden. Die eingeleiteten Ermittlungsverfahren wurden hingegen wegen Geringfügigkeit oder der „nicht zutreffenden Verletzung des Gedenkstättengesetzes bzw. des Gesetzes über die Totenruhe“ eingestellt.
Der zunächst angekündigte iranische Künstler Ahmed Barakizadeh wurde durch den syrischen Bauingenieur Anas Sharaf Aldeen ersetzt, der seit einem Jahr in Berlin lebt. (1.018)
V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin, Tel.: 030-30207785
Von Burkhart Veigel*
Seit einer Panorama-Sendung vom 6.11.2014 über hochgeehrte Fluchthelfer durch die Mauer in Berlin und kriminelle und kriminalisierte Schlepper und Schleuser von heute lässt mich das Thema nicht mehr los. Die Gleichsetzung unserer Fluchthilfe an der Berliner Mauer mit der Tätigkeit der heutigen Schlepper und Schleuser macht offenbar Schule. Diesem Trend möchte ich entgegenhalten:
1. Wir brachten Menschen aus einem Land, aus dem sie nicht herausdurften, in ein Land, in das sie gern hineindurften. Die Schlepper und Schleuser heute helfen Menschen bei der Flucht aus Ländern, aus denen sie gern herausdürfen, in Länder, in die sie aber nicht hineindürfen.
2. „Unsere“ Flüchtlinge waren in ihrer neuen Heimat willkommen. Die heutigen Flüchtlinge sind es oftmals nicht, werden häufig sogar als Eindringlinge angesehen.
3. Die Zahl „unserer“ Flüchtlinge war sehr viel kleiner als die der Flüchtlinge heute. Ich habe in 9 Jahren etwa 650 Menschen in Freiheit gebracht, so viele, wie allein am 18. April 2015, an einem Tag, im Mittelmeer ertranken.
4. Wir haben „unsere“ Flüchtlinge vom ersten Schritt ihrer Flucht bis zur Ankunft betreut. Die „Helfer“ heute lassen ihre Flüchtlinge in der entscheidenden Phase vielfach im Stich.
5. Wir haben mit „unseren“ Flüchtlingen vor der Flucht gesprochen über das „Warum“ und „Was kommt danach“. Allerdings waren sie nicht auf der Flucht vor Mörderbanden und aus brennenden Städten, sie hätten auch in der DDR bleiben können. Die Not der heutigen Flüchtlinge und ihre große Zahl lässt eine Überprüfung der Fluchtgründe vor ihrer Flucht nicht zu. Deshalb muss man nachträgliche Prüfungen notgedrungen akzeptieren und deshalb auch die schlimme Praxis einer eventuellen Abschiebung.
6. Die neue Heimat war für „unsere“ Flüchtlinge nicht fremd, einige von ihnen kannten sie sogar. Sie sprachen die gleiche Sprache, die Integration war für die Meisten kein Problem. Die rasche Integration der heutigen Flüchtlinge scheitert schon aus Mangel an Sprachkenntnissen und der Unwissenheit über die sie aufnehmende Kultur.
7. Damals half man Flüchtlingen nicht mit Transferleistungen; sie mussten nach ihrer Flucht sofort arbeiten (durften das allerdings auch). Zu dieser harten Schule gab es keine Alternative. Die heutigen Flüchtlinge werden zwangsweise „gefördert“, was ihre Integration behindert; sie zu „fordern“ wäre im Hinblick auf ihre Integration viel sinnvoller.
8. „Unsere“ Flüchtlinge konnten die Kosten nach ihrer Flucht bezahlen, weil wir eine persönliche Beziehung zu ihnen hatten. Lange Zeit waren Fluchthelfer Idealisten, die an der Not der Menschen nichts verdienen wollten und nichts verdient haben – im Gegensatz zu den meisten Schleppern und Schleusern heute.
9. Nach dem Bau der Mauer wurde jeder Flüchtling ohne Prüfung als „politischer Flüchtling“ anerkannt. Auch heute gäbe es weniger Probleme, wenn grundsätzlich allen Menschen Asyl gewährt würde, die aus Ländern kommen, in denen Korruption, Willkür und die Missachtung der Menschenrechte an der Tagesordnung sind oder in denen ein (Bürger-)Krieg tobt. Die Prüfung, ob ein Asylsuchender in seiner Heimat an Leib und Seele bedroht ist, könnte entfallen, allein die Herkunft aus einem „Unrechtsstaat“ muss für die Anerkennung ausreichen.
10. Anzumahnen, Flüchtlinge aufzunehmen, sind nicht nur unsere europäischen Nachbarn, sondern in erster Linie und mit Nachdruck die arabischen Ölstaaten, die zumindest für ihre Glaubensbrüder sehr viel mehr tun könnten als heute. Warum sollten Muslime in säkularisierte Länder fliehen, deren Bewohner sie als geborene Feinde sehen, wenn es eine Möglichkeit für sie gäbe, innerhalb ihrer Religionsgemeinschaft eine neue Heimat zu finden?
11. Wir müssen aber auch selbst an die Grenzen unserer Belastbarkeit gehen und Flüchtlingen aus „Unrechtsstaaten“ helfen.
12. Deshalb sind die „Schlepper und Schleuser“ nicht per se schlecht. Es kommt darauf an, wie qualifiziert sie ihre Arbeit machen: Ein erfolgreicher Schleuser darf (wie jeder Arzt und jeder Rechtsanwalt hierzulande) auch Geld für seine Hilfe nehmen – und muss dafür Anerkennung erhalten und nicht ins Gefängnis gesperrt werden. Zu verfolgen sind aber diejenigen, die ihre Schutzbefohlenen in den Tod schicken, ertrinken lassen, egal ob sie dafür Geld genommen haben oder – theoretisch – Idealisten waren. Die Motivation und Geld spielen eine Rolle, aber keine entscheidende. Fast allein wichtig ist die Professionalität dieser Fluchthelfer.
Fazit:
Eine Gleichsetzung von Fluchthelfern durch die Berliner Mauer und Schleppern und Schleusern von heute verbietet sich. Allein aus der Tatsache, dass Menschen „illegal“ über Grenzen gebracht werden, lässt sich keine Gemeinsamkeit konstruieren. Im Zentrum unserer Überlegungen und Handlungen müssen aber die Flüchtlinge stehen, denen unter allen Umständen geholfen werden muss, vor allem, wenn sie aus „Unrechtsstaaten“ kommen und auf der Flucht ihr Leben riskiert haben. Sie sind keine „Wirtschaftsflüchtlinge“, sondern Menschen in Not, die eine eigene moralische Qualität haben, die uns zwingt, ihnen zu helfen.
*Zum Autor: Dr, med. Burkhart Veigel, Jahrgang 1938, war in den 1960er-Jahren Medizinstudent und Fluchthelfer in Berlin. Er verhalf etwa 650 Menschen zur Flucht in den Westen. Veigel überstand unversehrt zwei Entführungsversuche durch die DDR-Staatssicherheit. 2012 erhielt der Arzt (Promotion 1969 in München) das Bundesverdienstkreuz. Mehr dazu in seinem Buch „Wege durch die Mauer – Fluchthilfe und Stasi zwischen Ost und West“. 488 Seiten, Verlag: Edition Berliner Unterwelten, 3. überarbeitete und stark erweiterte Auflage (12. Juli 2011), ISBN-13: 978-3943112092 , 16,1 x 2,7 x 22,8 cm, auch als Taschenbuch (ISBN-10: 3943112098).
V.i.S.d.P.: Autor Burkhart Veigel, Redaktion Hoheneck, Tel.: 030-30207785
Stollberg/Hoheneck, 23.07.2015/cw – Stollbergs Oberbürgermeister Marcel Schmidt (Unabhängig) zieht jetzt offenbar die Notbremse, um das Projekt „Gedenkstätte Stollberg“ nicht zu gefährden. Gegenüber der örtlichen Presse erklärte Schmidt, die Stadt habe jetzt die bisherigen Aufgaben des Fördervereins an sich gezogen, da die anhaltenden Querelen im Verein und die bisher nicht erfolgte Eintragung des neu gewählten Vorstandes in das Vereinsregister keine andere Alternative zuließen. Der Verein sei gegenwärtig nicht einmal in der Lage, notwendige Förderanträge zu stellen.
Zuvor kursierten in der Großen Kreisstadt im Erzgebirge Gerüchte, nach denen der neue und alte Vorsitzende Dietrich Hamann erneut seinen Rücktritt erklärt habe. Auch solle er aus diesem Anlass Finanzen und Unterlagen des Vereins an die Stadt übergeben haben. OB Schmidt wollte sowohl den Rücktritt Hamanns als auch eine Übergabe vereinsinterner Unterlagen an die Stadt auf Anfrage weder bestätigen noch dementieren. Die Redaktion hatte u.a. nachgefragt, auf welcher rechtlichen Grundlage die Übergabe basieren würde, falls diese denn erfolgt ist.
Sterneberg kritisiert Doppelgleisigkeit der CDU
Unterdessen gehen die Arbeiten am ehemaligen Frauenzuchthaus Hoheneck im Rahmen der bereits bewilligten Finanzierungsmittel in Höhe von rund 5.6 Millionen Euro zügig weiter. Erst kürzlich hatte der Stadtrat gegen die Stimmen der CDU die Vergabe der Bauleistungen für den Parkplatz in Höhe von 378.000 Euro beschlossen. CDU-Fraktionsvorsitzender Raphael Jenatschke hatte „nicht überschaubare Kosten“ moniert und ein Gesamtkonzept und eine Kostenplanung angemahnt. Die Informationen der Stadtverwaltung reichten nicht aus, so die Stadtratsfraktion. Jenatschke verglich den Prozess mit einem „Fahren auf Sicht“.
Nachdem die wichtigsten Akteure des Fördervereins sämtlich der CDU angehören – so u.a. die stv. Vorsitzende Uta Windisch (MdL a.D.), MdB Marco Wanderwitz, Siegfried Reiprich von der Stiftung Sächsische Gedenkstätten – löst die kritische Haltung der christdemokratischen Stadtratsfraktion wohl nicht nur in der Stadt Irritationen aus. Tatjana Sterneberg, Vorsitzende des ersten Fördervereins: „Die Haltung der CDU torpediert die zweifellos engagierten Bemühungen des Oberbürgermeisters, der von Beginn an mehr für die Umsetzung einer Gedenkstätte getan hat, als es seine Funktion bedingt. Wir als ehemalige Hoheneckerinnen sind für dieses Engagement sehr dankbar und hoffen, daß die CDU ihre hier gezeigte Doppelgleisigkeit aufgibt und sowohl den OB nachdrücklich unterstützt als auch im Förderverein auf dieses gemeinsame Ziel hinwirkt.“
Der erste Förderverein, 2011 u.a. von Tatjana Sterneberg und Dietrich Hamann gegründet, hat sich aufgelöst und in diesen Tagen beim Registergericht die Löschung aus dem Vereinsregister beantragt. (1.015)
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Berlin, 22.07.2015/cw – Die Citoyens* Margreet und Stefan Krikowski gehören zu den kreativen Protestlern der Berliner Szene. Stummer Protest habe nur Sinn, wenn er den Menschen Inhalte vermittelt, wenn wir Proteste sichtbar machen, sagt das engagierte Ehepaar.
Am Freitag vergangener Woche erinnerten Margreet und Stefan mit Freunden vor der Russischen Botschaft unter den Linden an den Abschuss von FLUG MH17 über der Ostukraine am 17. Juli 2014, der weltweites Entsetzen auslöste. 193 Niederländer, 43 Malaysier, 27 Australier, 12 Indonesier, 10 Briten, 4 Deutsche, 4 Belgier, 3 Philippine, 1 Kanadier und ein Neuseeländer fanden durch diesen völkerrechtswidrigen Akt den Tod.
Die Protestanten hatten gegenüber der Botschaft Listen mit den Namen der Ermordeten ausgehängt. Zahlreiche Fotos und Dokumente ermöglichten den visuellen Einblick in diese Tragödie. Auf Transparenten wurde der russische Präsident Putin für dieses Verbrechen verantwortlich gemacht und die Bestrafung der Verantwortlichen gefordert. Ebenso wurde bei dieser Gelegenheit die Okkupation der Krim durch Russland verurteilt und die Rückgabe an die Ukraine gefordert.

„Hände weg von der Ukraine!“ – Aus gegebenem Anlass auch Proteste gegen die Besetzung der Krim – Foto: StK
Wie schnell indes die Menschen über diese Verbrechen zur Tagesordnung übergehen, zeigte sich auch am vergangenen Freitag. Nur relativ wenige Menschen unterbrachen ihren Gang durch die weltberühmte Berliner Allee, um sich an das Geschehen vor einem Jahr zu erinnern oder einfach nur kurz innezuhalten. Die Protestanten ficht das nicht an: „Wichtig ist die Erinnerung und das Signal, daß wir über diese Verbrechen nicht einfach zur Tagesordnung übergehen,“ sagt Stefan. (1.014)
* Der Citoyen (französisch citoyen zu altfranzösisch citeain, einer Ableitungsform von cité ‚Stadt‘, dies aus lateinisch civitas ‚Bürgerschaft‘, ‚Staat‘) bezeichnet den Bürger bzw. Staatsbürger, der in der Tradition und im Geist der Aufklärung aktiv und eigenverantwortlich am Gemeinwesen teilnimmt und dieses mitgestaltet (WIKIPEDIA).
Siehe auch: http://www.berlin-visual.com/ru/godovshchina-tragedii-reysa-MH17–Berlin-pomnit
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