Berlin, 15.05.2015/cw – Die Bundestagsfraktion der CDU/CSU hat die letzte CDU-Leiterin der Staatskanzlei in Thüringen und vormalige Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Hildigund Neubert, geb. Falcke, als Nachfolgerin von Rainer Wagner für die Expertenkommission zur Zukunft der Stasiunterlagenbehörde benannt. Dies geht aus einer offiziellen Mitteilung der Fraktion vom 13.05. hervor (Marco Wanderwitz, MdB). Der langjährige Vorsitzende des Dachverbandes der Diktatur-Opfer UOKG und der VOS (seit 2014) war im letzten Monat unter Angabe „gesundheitlicher Gründe“ von „allen politischen Ämtern“ zurückgetreten. Dadurch wurde u.a. auch seine Funktion in der Kommission des Deutschen Bundestages vakant. Da Wagner von der Union nominiert worden war, stand der Bundestagsfraktion auch die Nachnominierung zu.

Mitteilung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion (Ausschnitt)

Mitteilung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
von Marco Wanderwitz (Ausschnitt)

Lobeshymne „unsensibel“

Erstaunen löste bei Insidern allerdings die Lobeshymne auf Wagner aus. Zwar sei es üblich, zurückgetretenen Funktionsträgern formal den Dank auszusprechen. Einen Tag nach dem feierlichen Begängnis des 50. Jahrestages der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Israel und der damit einhergehenden Treueschwüre und politischen Bekenntnisse wird die Lobeshymne auf Wagner zumindest als unsensibel empfunden. Wagner war zuletzt immer heftiger wegen umstrittener Äußerungen kritisiert worden, die er als überzeugter Pietist und führender Evangelikaler verbreitet hatte. Der von der Pfälzischen Landeskirche ordinierte Religionspädagoge hatte unter anderem auch „Juden als Knechte Satans“ bezeichnet und neben anderen Religionen den Islam freimütig als Götzendienst diffamiert: Allah sei „eine Erfindung“ und Mohammed dessen „falscher Prophet und ein Betrüger.“ Wagner räumte gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea indirekt ein, sein Rücktritt sei eine Folge entsprechender Formulierungen und der daraus abgeleiteten Rücktrittsforderungen.

Eine wichtige und glaubwürdige Stimme

Die Bundestagsfraktion der Union hingegen „dankt Rainer Wagner herzlich für sein jahrelanges, unermüdliches Engagement“ und scheint sich an dessen umstrittenen Formulierungen auch jetzt nicht zu stören. Wagner war „in der ‚Expertenkommission zur Zukunft der Stasiunterlagenbehörde´ als Vorsitzender der UOKG und der VOS eine wichtige und glaubwürdige Stimme für die Opfer der DDR-Diktatur,“ heißt es lobhudelnd weiter. Sowohl von der Bundeskanzlerin wie von führenden Vertretern der Union waren bisher andere Töne gegenüber juden- und religionsfeindlichen Äußerungen zu vernehmen. Wusste gar die Linke nicht, was die Rechte (z.B. aus Anlass des Staatsbesuches des Israelischen Staatspräsidenten in Berlin) tut?

Jedenfalls konnte die Unions-Fraktion „mit Hildigund Neubert eine ausgewiesene Expertin und anerkannte Persönlichkeit aus der Bürgerrechtsbewegung und Aufarbeitungslandschaft gewinnen.“ Ob Neubert „auch in diesem Sinne eine würdige Nachfolge von Rainer Wagner in der Kommission sein wird“, wie es in der zitierten Mitteilung heißt, mag diese durchaus anders sehen. Zwar wird Neubert durchaus dem Bereich der Aufarbeitungsindustrie zugeordnet, ähnliche umstrittene oder gar skandalöse Äußerungen gegen Juden und Muslime sind von der Frau des evangelischen Pfarrers i.R. und einstigen Bürgerrechtlers Ehrhart Neubert bislang nicht bekannt und auch nicht zu erwarten. (986)

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