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Von Henryk M. Broder*

Irgendetwas stimmt nicht in diesem Land. Irgendetwas läuft aus dem Ruder. Kurt Tucholsky würde sagen: „Nie geraten die Deutschen so außer sich, wie wenn sie zu sich kommen wollen.” Nicht, dass Deutschland immer das Land der kühlen Vernunft und der rationalen Entscheidungen gewesen wäre, da gab es ein paar Ausraster, die bis heute nachwirken, aber noch nie haben die Deutschen in Friedenszeiten und unter dem Schirm eines Sozialstaates dermaßen hyperventiliert wie in den letzten Wochen und Monaten.
Hannah Arendt hat im Zusammenhang mit dem Organisator der „Endlösung”, Adolf Eichmann, von der „Banalität des Bösen” geschrieben. Sie würde heute über die „Grausamkeit der Guten” staunen.

Letzten Montag, heute-journal im ZDF. Nachdem die Pegida-Leute ihre Demo auf den Sonntag vorverlegt haben, gehört Dresden jetzt den „Guten”, Herbert Grönemyer, der aus London eingeflogen ist, und über 200 Künstlern aus der ganzen Bundesrepublik, die „ein Zeichen” für ein buntes, tolerantes und weltoffenes Dresden setzen wollen. Oder ein buntes, tolerantes weltoffenes Berlin, Bremen und Frankfurt, denn auch dort finden Demos gegen Fremdenfeindlichkeit statt. Tausende junge Menschen wollen ein Zeichen setzen, sie schwenken Leuchtstäbe und Taschenlampen hin und her, wie einst ihre Eltern in einer Vorstellung der „Rocky Horror Picture Show”. Auch dagegen wäre an sich nichts zu sagen, denn „ein Zeichen” zu setzen ist die einfachste Art, Engagement zu zeigen, ohne dabei mehr zu riskieren als kalte Füße in der Abenddämmerung. Und kosten tut es auch nichts, denn die Künstler treten ohne Gage auf.

Menschenrechte statt rechte Menschen

Mitten in der Menge eine junge Frau mit Wollmütze, die ein pinkfarbenes Plakat an einer Holzlatte in die Höhe hält. Darauf steht: „Menschenrechte statt rechte Menschen”. Ich würde gerne auf die Frau zugehen und sie fragen: „Was soll denn mit den rechten Menschen passieren? Wollen wir sie umbringen, einsperren, ausbürgern? Und wo fängt für Sie rechts an?” Aber es geht nicht, denn die junge Frau ist in Dresden, Bremen oder Freiburg unterwegs und ich stecke in einem Hotel in Frankfurt fest. Schade, ich hätte gerne gewusst, wie sie auf diesen Spruch gekommen ist, ob sie vielleicht schon als Kind mit ihren Eltern gegen den Bau eines AKW’s demonstriert hat, eine Papptafel mit dem Satz „Ich habe Angst!” an einer Schnur um den Hals.
Ich fürchte, ich bin einer der wenigen, die sich über eine solche Zurschaustellung der Folgen frühkindlicher Gehirnwäsche aufregen. Denn ich bin ein „Rechtspopulist”, ein „Hetzer”, einer der spaltet, statt zu versöhnen. Alle anderen wollen Zeichen für Toleranz setzen, Brücken bauen, auf fremde Menschen zugehen, sogar mit den Taliban beten – vorausgesetzt, es sind Gleichgesinnte und Gleichgepolte. „Rechte Menschen” dürfen ausgegrenzt und diffamiert werden, im Namen und zugunsten der „Menschenrechte”.

Mein bolschewistischer Freund

Als ich noch viel jünger, schlanker und dunkelhaariger war, habe ich mal einem Professor, dessen Vorlesungen ich hörte, anvertraut, dass ich die SPD wählte. Fortan sprach er mich nur noch mit „Mein bolschewistischer Freund!” an. So war es in den 60er Jahren, ein kluges Wort, und schon war man Kommunist. Heute ist es genau umgekehrt. Ein Hinweis darauf, dass das Demonstrationsrecht unabhängig von den politischen Zielen der Demonstranten gilt, so lange sich diese an die Gesetze halten, und schon ist man ein „Rechter”. Die „Guten”, also die Linken, die Friedensbewegten, die Brückenbauer und diejenigen, die sich die Erde nur von ihren Kindern geliehen haben, bleiben gerne unter sich und bestätigen sich gegenseitig, wie gut sie sind.

Wer diesem Club der Selbstgerechten angehören möchte, der muss an die Klimakatastrophe glauben, die Energiewende unterstützen, einen Toyota Prius fahren, auf seine CO2-Bilanz achten, kulturzeit auf 3sat schauen und immer eine Erklärung dafür parat haben, warum „der Westen” an allem schuld ist, während es „den Islam” als solchen gar nicht gibt. Er muss auch über ein sehr selektives Wahrnehmungsvermögen verfügen. Wenn eine Autonomengang eine Polizeiwache überfällt oder Veranstaltungen der AfD und der taz sprengt, weil dort „falsche Ansichten” geäußert werden, dann sind das Petitessen, die achselzuckend ad acta gelegt werden. Wenn aber ein älterer leicht besoffener Herr einer jungen Journalistin etwas zu lange in den Ausschnitt guckt, dann ist das „menschenverachtend” und ein Vorratslager für wochenlange Entrüstung.

Der innere Kompass abhanden gekommen

Dieser Gesellschaft ist der innere Kompass abhanden gekommen. Sie hat sich nicht liberalisiert. Sie ist autoritärer, dogmatischer und rigider geworden, wobei es die Antiautoritären von gestern sind, die heute den Ton angeben. Sie kaufen ihr Küchenzubehör bei manufaktum ein und rümpfen die Nasen über „Spießer” und „Kleinbürger”, die sowohl beim Konsumieren wie beim Politisieren ästhetisch versagen. „Spießer” und „Kleinbürger” sind heute die beliebtesten Invektive, mit denen sich die Angehörigen der Kultureliten vom gemeinen Volk absetzen.

Diese Gesellschaft ist in den letzten Jahrzehnten so gründlich pazifiziert worden, dass sogar die Pazifizierer nicht mehr wissen, wie sie ihre Aggressionen loswerden sollen. Deswegen tun sie so, als hätten sie keine. Aber es reicht, an der Oberfläche der Friedfertigkeit nur ein wenig zu kratzen, damit das unterdrückte Elend zum Vorschein kommt. An keinem Stammtisch in Wanne-Eickel geht es so passiv-aggressiv zu wie an der Speerspitze des gesellschaftlichen Fortschritts, wo Toleranz gepredigt und Sektierertum praktiziert wird.
Nun, da sich die Pegida von allein erledigt hat, werden die Guten und die Selbstgerechten einen neuen Sündenbock brauchen, an dem sie sich abarbeiten und dem sie das anlasten können, woran sie gescheitert sind – die Transformation der Gesellschaft.
Die Parteien und Bewegungen kommen und gehen. Aber die Fragen und Probleme bleiben. Lotta continua!

*Der vorstehende Artikel ist am 29.01.2015 im Internet-Forum “Die Achse des Guten” (V.i.S.d.P.) veröffentlicht worden. LINK: http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/deutschland_am_rande_des_nervenzusammenbruchs

Berlin, 30.01.2015/cw – Die VOS hat nach unserem Beitrag („Denkwürdiges „Wahlprotokoll“ im Internet veröffentlicht“) das „Protokoll“ von der Vereinsseite im Internet genommen. Dafür wurde die Seite „Ansprechpartner“, auf der der Bundesvorstand angeführt wird, erneuert: http://www.vos-ev.de/ansprechpartner/.

Trotz schwerer Vorwürfe nach wie vor "Mister VOS": Bundesgeschäftsführer Hugo Diederich - Foto: VOS-Seite 30.01.2015

Trotz schwerer Vorwürfe offenbar nach wie vor „Mister VOS“: Bundesgeschäftsführer Hugo Diederich – Foto: VOS-Seite 30.01.2015

Nach dem „Wahlprotokoll“ wird der „neue“ Bundesvorstand vorgestellt. Entgegen der bisherigen Praxis werden die

Laut veröffentl. Protokoll 73% der Stimmen: Rainer Buchwald kandidierte als Stellverteter und Schatzmeister - Foto: VOS-Seite 30.01.2015

Laut veröffentl. Protokoll 73% der Stimmen: Rainer Buchwald kandidierte (ohne Gegenkandidat) als Stellverteter und Schatzmeister – Foto:
VOS-Seite 30.01.2015

Stellvertreter nicht in der Reihenfolge der Stimmabgabe veröffentlicht. An zweiter Stelle, nach dem Bundesvorsitzenden, wird dessen Vorgänger und bisherige Stellvertreter Hugo Diederich als „Bundesgeschäftsführer“ und Mitglied des Fernsehrates im ZDF vorgestellt. Der Bundesgeschäftsführer ist allerdings kein gewähltes Mitglied des Bundesvorstandes.

Der laut „Protokoll“ mit den meisten Stimmen (83 Ja-, 9 Nein-, 9 ungültige Stimmen bei 12 Enthaltungen) gewählte „Stellvertreter und Schatzmeister“ Rainer Buchwald wird hingegen erst nach der weiteren Stellvertreterin May-Britt Krüger (37 Ja-Stimmen)

angeführt. Ob bei insgesamt 113 abgegebenen Stimmen 37 Ja-Stimmen (knapp 33 Prozent) für die Wahl in den Bundesvorstand ausreichen, wird nicht erläutert.

Es hat den Anschein, als hätten die Verantwortlichen in der VOS ihren Mitgliedern und der Öffentlichkeit mehr zu erklären als eine dubiose Wahl… (936)

V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Tel.: 030-30207785

Berlin, 30.01.2015/cw – Der älteste Verfolgtenverband, die Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS), versucht seit Jahren, aus den negativen Schlagzeilen zu kommen. In den letzten zehn Jahren „verbrannte“ der Verein allein vier Bundesvorsitzende. Rainer Wagner, Vorsitzender der UOKG, weckte im April letzten Jahres mit seiner Wahl zum nunmehr fünften Bundesvorsitzenden im angeführten Zeitraum die buchstäblich letzten Hoffnungen auf eine Wende im Verband. Doch schon nach sieben Monaten scheinen diese fast schon verzweifelt aufgekeimten Hoffnungen in neuerlichen Turbulenzen zu ersticken, nachdem gleich zwei Stellvertreter Wagners ihren Rücktritt zum Jahresende erklärt hatten.
Entgegen Wagners Zusicherungen nach seiner Wahl, die Finanzen der VOS durch die Stiftung Aufarbeitung „neutral“ prüfen zu lassen, war jetzt nur von einem Gespräch beim Berliner Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen in „Anwesenheit eines Wirtschaftsprüfers“ zu hören. Überdies ging es in dem Gespräch um eine mögliche Finanzierung des bisherigen Bundesvorsitzenden, langjährigen Geschäftführers und Schatzmeisters als Berater durch den Landesbeauftragten ab 2015. Der auch-ZDF-Fernsehrat hatte danach angekündigt, für den Fall einer Finanzierung der Beratung als Stellvertreter im Bundesvorstand zurückzutreten, da der Landesbeauftragte nicht „den Bundesvorstand“ finanzieren wolle.

Von diesen Hintergründen erfuhr nur ein elitärer Kreis im Verein durch die Information über eine notwendige Nachwahl zum Bundesvorstand. Ausschließlich den „lieben Delegierten“ wurden Details übermittelt. Die rund noch 1.300 Mitglieder wurden weder über erfolgte Prüfungen noch über Rücktritte und dadurch verursachte notwendige Neu- oder Nachwahlen zum Bundesvorstand informiert. Das vornehmste Recht der Mitglieder, durch eigene Vorschläge auf die Zusammensetzung des Bundesvorstandes Einfluss nehmen zu können, wurde damit – wieder einmal – ad absurdum geführt.

Ein klarer strafbewehrter Verstoß gegen das Wahlgeheimnis

Im Jahr 2009 war bereits eine Nachwahl auf schriftlichem Weg unter dubiosen Umständen durchgeführt und im Ergebnis vom zuständigen Registergericht nach diversen Einsprüchen annulliert worden. Dennoch wurden im Dezember letzten Jahres Wahlunterlagen an die Delegierten versandt, die wie 2009 erneut mit Namen und Unterschrifterfordernis auf den Stimmzetteln versehen waren. Ein klarer strafbewehrter Verstoß gegen das Wahlgeheimnis. Verantwortlich für diesen erneuten Gesetzesverstoß war der selbe Bundesgeschäftsführer, wie 2009. Aufgrund eingehender Proteste wurden die Stimmzettel abgeändert und gesetzeskonform gestaltet, die ersten versandten Unterlagen für ungültig erklärt. Allerdings wurde die erste Abstimmung über die Durchführung der Nachwahl „im schriftlichen Verfahren“ nicht korrigiert, fand also unter gravierender Verletzung des Wahlgeheimnisses statt.

Inzwischen haben Mitglieder und Delegierte die am 7. Januar stattgefundene Auszählung der abgegebenen Stimmen genutzt, dem Wahlausschuss eine umfangreiche und begründete Anfechtung der Wahl zu überreichen. Frank Nemetz, der Vorsitzende des Wahlausschusses, dessen Zusammensetzung im Übrigen ebenfalls unter Ausschaltung der Mitwirkung von Mitgliedern und unter Verstoß gegen das Wahlrecht und Wahlgeheimnis zustande gekommen war, bestätigte unlängst den Eingang der Anfechtung:

Ihren Einspruch/Anfechtung zur Nachwahl zum Bundesvorstand haben wir aufmerksam durchgearbeitet. Wegen des komplexen Themas und der nicht unerheblichen Vorwürfe wird die VOS eine interne Prüfung dazu vornehmen und zugleich überdies einen für diese Thema qualifizierten Rechtsanwalt mit der Beurteilung beauftragen. Falls sich daraus notwendige Konsequenzen für diese Wahl ergeben, werden wir selbstverständlich die erforderlichen Korrekturen vornehmen. Bitte haben Sie aus den o.g. Gründen etwas Geduld mit unserer Antwort.“

Protokoll? Veröffentlichung auf VOS-Seite im Internet

Protokoll? Veröffentlichung auf VOS-Seite im Internet

Protokoll ohne Datum und Herkunft

Statt der angekündigten Beantwortung wurde heute auf der Internet-Seite des Vereins ein „Protokoll über die Abstimmung im schriftlichen Umlaufverfahren über eine Nachwahl in den geschäftsführenden Bundesvorstand“ veröffentlicht (siehe Kasten). Denkwürdig ist nicht nur der Inhalt dieses „Protokolls“ sondern auch die Tatsache, dass für diese Veröffentlichung weder ein Datum noch ein Urheber, z.B. der Wahlvorstand, angegeben wurde. Was Wunder, das auch über die Anfechtung der Wahl kein Wort verloren wird.

Der Verband, der in besten Zeiten von mehreren zehntausend Mitgliedern unterstützt wurde, noch 2010 wurden 10.000 Mitglieder ausgewiesen, wird hier wohl mutwillig an die Wand gefahren. So jedenfalls der traurige Anschein.

Die Verfolgten in der VOS brauchen offenbar keine Feinde mehr von Außen, sie zerlegen sich selbst. Zur Ehre der vielen alten und hochbetagten Mitglieder, die sich dem Verein aus besseren Zeiten emotional nach wie vor verbunden fühlen, muss angeführt werden, dass diesen allenfalls (altersbedingtes) Schweigen oder blind anmutendes Vertrauen in jeweilige Vorstandskameraden vorzuwerfen ist. Den Verband ruiniert haben offenbar sogen. Kameraden, die wohl aus persönlichen, wohl nicht zuletzt beruflichen Gründen über den Verband ihr Einkommen sichern wollten und dabei die ehrenvolle Aufgabe, Kameraden und Kameradinnen in ihrem Kampf um Rehabilitation und Anerkennung ihrer erlittenen Verfolgungen selbstlos zu unterstützen, aus den Augen verloren haben.

Sollte das Registergericht den Anfechtungen entsprechen und der Wahl widersprechen, wäre das wohl die letzte Gelegenheit, den traditionsreichen und in der Vergangenheit hoch geachteten Verein zu retten und womöglich wieder als beachtete Stimme in dem Ringen um eine Verbesserung der Verfolgtenversorgung einzubringen. Eine pure Wiederholung von Wahlen ohne die notwendige Einbeziehung aller Mitglieder und eine vorausgehende Diskussion um die Zukunft des Verbandes wird allerdings nicht genügen. Die schonungslose und offene Aufarbeitung der jüngsten Vergangenheit gehört zweifellos dazu. (935)

V.i.S.d.P.: Redfaktion Hoheneck, Berlin, Tel.: 030-30207785 oder 0176-48061953

Berlin/Dresden, 28.01.2015/cw – Die Magazine stern und FOCUS melden online übereinstimmend den Rückzug der Pegida-Frontfrau (so die Medienbezeichnung) Kathrin Oertel von der PEGIDA-Organisation. Ihr sollen sich weitere Führungsmitglieder angeschlossen haben. Genannt werden in diesem Zusammenhang AfD-Mitglied Achim Exner, der Wirtschaftsberater Bernd-Volker Lincke und der ehemalige CDU-Stadtrat von Meißen, Thomas Tallacker. René Jahn, stellvertretender Vereinsvorsitzender, soll ebenfalls von Bachmann abgerückt sein.

Der dramatischen Entwicklung soll eine Auseinandersetzung mit Lutz Bachmann vorausgegangen sein, der entgegen seiner Rückzugsankündigung nicht nur als Vorsitzender offenbar weiterhin eine Funktion innerhalb der Führungsstruktur beibehalten wollte.

Spott, Satire? Die Realität ist oft bitterer...

Spott, Satire? Die Realität ist oft bitterer…

Beobachter fühlen sich an ähnliche Auseinandersetzungen bei vorausgegangenen Bewegungen, Initiativen und Parteigründungen erinnert. So hätten sich einst die von zwei führenden CSU-Politikern gegründeten REPUBLIKANER (REP) nach ersten Erfolgen selbst buchstäblich zerlegt. Auch diesen Auseinandersetzungen waren gezielte Vorwürfe vorausgegangen, rechtsextreme oder gar neonazistische Positionen zu vertreten. Welche Rolle dabei möglicherweise jene Dienste spielten und spielen, die zum Schutz der Verfassung gegründet wurden, wird man wohl kaum erfahren.

In dem NPD-Verbotsverfahren hatte das Bundesverfassungsgericht die offensichtliche Einflußnahme auf Führungskader der NPD durch den Geheimdienst gerügt, was vom BVG ursächlich für eine Ablehnung eines Parteiverbotes herangezogen wurde.

Der Partei AfD droht derlei Ungemach nach Ansicht von Insidern ebenfalls. „Der Zuwachs von erfahrenen und gut ausgebildeten Kräften in Sachen Unterwanderung aus den Reihen einstiger einschlägiger DDR-Organisationen scheint sich hier auszuwirken,“ erklärte ein Kenner der Szene, der hier nicht genannt werden wollte.

Am heutigen Nachmittag wollen die einstigen Weggefährten und jetzigen Streithähne darüber beraten, ob es noch Chancen für eine Fortführung der Protestbewegung gibt. (934)

V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin, Tel.: 0176-48061953

Von Carl-Wolfgang Holzapfel

Berlin, 26.01.2015/cw – Helmut Schümann, Kolumnist der Zeitung TAGESSPIEGEL und des Ablegers PNN (Potsdam) zitierte am vergangenen Montag Max Liebermann, der in dunklen Zeiten sagte: „Ich kann nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte.“
Schümann stellte dieses Zitat u.a. in den Zusammenhang mit den unglaublichen mittelalterlich anmutenden Ritualen in Saudi-Arabien, wo der saudische Rechtsanwalt Waleed Abu al Khair zu 15 Jahren Haft verurteilt wurde, weil er sich für die Menschenrechte einsetzt. Toter König her oder hin, die früher übliche Amnestie im Schatten der Trauer um einen dahingegangenen Monarchen wird Khair in Saudi-Arabien wohl verwehrt bleiben.

Gibt es eine Brechreiz-Skala, also ein Ranking, was ihn, den Brechreiz, am stärksten auslöst? Gibt es nicht, weil alles gleich zum Kotzen ist, weil man es nicht mehr hören kann, nicht mehr hören will. Aber man muss es hören“, schrieb der Kolumnist. „Und es immer wieder anklagen, verurteilen, man kann es nicht oft genug sagen.“

PEGIDA –Die neue Angst

In zwei Tagen gedenken wir der Befreiung einer einstigen Hölle auf Erden: Auschwitz. Es werden sicherlich wieder viele Reden gehalten, Schwüre abgelegt: „Nie wieder!“ Und Politiker werden damit erneut ihre Versäumnisse verkleistern. Auch darum bedienen sie sich eines Begriffes, der begierig, fast schon einer Droge gleich, verbreitet wurde und wird: PEGIDA – die neue Angst. Vor wem? Vor einer Wiedergeburt der Nationalsozialisten? Gar vor einem neuen Auschwitz? Wenn es PEGIDA nicht gäbe, müsste diese erfunden werden, meinen wohl einige Politiker und Medienexperten.

Merkel 26.01.2015_2

Entgegen der vielfachen und oft vordergründigen Verleumdungen handelt es sich in der Mehrheit der bei PEGIDA Mitziehenden nicht um Nazis und Faschisten. Schon das allein widersinnige Wortungetüme aus der Giftküche einer DDR-Propaganda, die grundsätzlich Gegner der Diktatur mit diesem Wort-Geschmeiß bedachte. Es sind meist biedere Bürger, die ein angebotenes Ventil benutzen, um ihren offenbar vorhandenen Ängsten und Sorgen – ob berechtigt oder nicht – Ausdruck zu verleihen.

Vermarktungshappen für die Mikrofone

Und während über von Links organisierte Demonstrationen allenfalls berichtet wird, dass eine „kleine Schar von Extremisten“ das Bild von einer „Mehrheit friedlicher Demonstranten“ nicht beeinträchtigen konnte, heißt es bei 400 geschätzten Extremisten von 20.000 und mehr Teilnehmern von PEGIDA, diese sei „unübersehbar von Rechtsextremisten und Neonazis“ dominiert. Vielleicht kam hier das böse Wort von der „Lügenpresse“ auf? Obwohl es meist verantwortungslose Politiker sind, die den Medien die Vermarktungshappen vor die Mikrofone werfen oder in den Notizblock diktieren.

Aber hören wir auf, über „diese Politiker“ zu kotzen. Es gibt auch Politiker, die vielfach besser sind als ihr Ruf, die noch nicht verlernt haben, dem Volk aufs Maul zu schauen. Ohne dem Volk gleich nach dem Munde reden zu wollen. Siegmar Gabriel von der SPD, Stanislaw Tillich von der CDU oder Gregor Gysi von DIE LINKE zum Beispiel. Sie haben nach einigem Zögern begriffen, daß es bei PEGIDA nicht um Neonazis, nicht um Faschisten geht. Dass es im Gegenteil fatale Auswirkungen haben kann, wenn man sich in einer Demokratie Gesprächen verweigert. Wenn man friedliche und besorgte Bürger in Ecken reindiffamiert, in denen diese niemals waren und auch nicht bugsiert werden wollen.
Und während sich Gabriel, Tillich und Gysi heftiger Kritik aus den eigenen Reihen erwehren müssen, statt deren Mut zum Diskurs gegen eine aufgeheizte und ungute Stimmung breit zu unterstützen, wird am Vorabend jenes siebzigsten Jahrestages der Befreiung von Auschwitz PEGIDA als „Schande für Deutschland“ klassiffamiert.

Ein Hetzer zum Tête-à-Tête beim Präsidenten

Dabei gibt es in unserem Land wirkliche Skandale, die dringend einer Debatte bedürften, statt mit billiger und schnelllebiger politischer Rhetorik einen Popanz aufzubauen.
Siebzig Jahre nach der Befreiung von Auschwitz kann ein deutscher Multifunktionär (CDU) ungestraft und von der Politik bislang nicht widersprochen verbreiten, auch Turski 26.01.2015_2Juden sind Knechte Satans“! Der zitierte CDU-Funktionär, der übrigens auch gerne ins Schloss Bellevue zum Tête-à-Tête mit dem Bundespräsidenten eingeladen wird, verbreitet auch – ebenfalls bisher unwidersprochen – das „Allah ein Götze und Mohammed sein falscher Prophet“ sei. Und das versteht er nicht als Satire! PEGIDA dagegen wird gebetsmühlenhaft, sowohl von Politikern wie Medien, Islam-Feindlichkeit attestiert. Würde man diese religiös verbrämten Parolen PEGIDA durchgehen lassen? Die Schlagzeilen kann man sich auch ohne viel Phantasie vorstellen.

Unzucht, Unehrlichkeit und Geldgier beherrschen nicht nur die Programme der Fernsehsender, sondern sind überall gegenwärtig…“. Auch das Worte aus dem Predigt-Vorrat des Evangelikalen und Multifunktionärs, dessen Einfallsreichtum in Sachen Hetze schier unerschöpflich zu sein scheint. Wie fragte Helmut Schümann: „Gibt es ein Ranking, das den Brechreiz am stärksten auslöst?“ Er meint: „Gibt es nicht, weil alles gleich zum Kotzen ist, weil man es nicht mehr hören kann, nicht mehr hören will.“

Ich jedenfalls kann nicht soviel Hasstiraden eines christdemokratischen Verbandfunktionärs fressen, wie ich kotzen möchte. Besonders und gerade am Vorabend des siebzigsten Jahrestages der Befeiung von Auschwitz. Und ich werde diese Hassgesänge immer wieder anklagen und verurteilen. Weil man es nicht oft genug sagen, nein, anklagen kann. (933)

V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin, Tel.: 030-30207785

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