Erziehung zum Hass
„Obwohl Götz Aly selbst über die Jahre zur DDR-Geschichte in der Tat grausame Geschehnisse beleuchtet und veröffentlicht hat, verdeutlicht seine Kolumne zum staatlich geprägten Umgang mit der Jugend in der DDR, dass er von der Wirklichkeit in der DDR – dem „real existierenden Sozialismus“ – offenbar nur beschränkte Kenntnisse hat bzw. haben will.
Die „Erziehung zum Hass“ (siehe Anlage) war immerhin Staatsdoktrin in der DDR. Die zahlreichen Opfer dieser Pädagogik, praktiziert in den staatlichen Kinderheimen und Jugendwerkhöfen, widerlegen seine Jubelarien auf die Fortschritte der Erziehung im „DDR-Sozialismus“.
Wo lebt Aly eigentlich? Hat Aly noch nie etwas von den Heimkinderfonds West u n d Ost gehört? Sind diese Fonds etwa die Erfindung einer gelangweilten Politikerkaste, die mal etwas Soziales tun wollte (im Rahmen der Forführung des Kalten Krieges bzw. der Diffamierung der DDR etwa)? Oder war diese Einrichtung angesichts der heute noch traumatisierten ehemaligen Heimkinder nicht bittere Notwendigkeit?
Oberstes DDR-Gericht in der Tradition Freislers
Was soll das deklamatorische Zitat des Züchtigungsverbots an DDR-Schulen durch das Oberste Gericht, einer Institution, die durch eigene Terror-Urteile permanent aus dem Rechtsrahmen fiel, sich eher der Tradition von NS-Freisler als rechtsstaatlichen Grundsätzen verpflichtet wußte?
Sie bezeichnen von Seiten der Redaktion im Vorspann zur Kolumne die Benennung der DDR als Unrechtsstaat als Simplifizierung. Dabei dürften die Begründungen, die Aly selbstherrlich zur Beweisführung der behaupteten Unrechtmäßigkeit dieser Einordnung auf jede Diktatur zutreffen.
Drittes Reich Diktatur aber kein Unrechtsstaat?
Dürfen wir also demnächst bei Ihnen lesen, dass das Dritte Reich zwar eine Diktatur, aber kein Unrechtsstaat war?
Die durchaus berechtigte Kritik an der Überheblichkeit mancher „Westler“ gegenüber den „Ostlern“ steht eigenständig für sich, sie bedarf nicht der Reinwaschung eines Staates, in dem nahezu jedes Unrecht praktiziert werden durfte, es mußte nur „demokratisch aussehen,“ wie der Unsymphat und Diktator Walter Ulbricht diktierte.
Die einzige Rechtfertigung für die teils berechtigte Kritik an den Westlern liegt in dem Umstand begründet, dass diese durch einen willkürlichen Strich der Siegermächte auf der Landkarte in der Demokratie gelandet waren, während den 17 Millionen Ostbürgern die Folgelasten der Hitler-Verbrechen aufgebürdet wurden.
Hier, nur hier liegt das Entlastungspotential für die DDR-Bürger begründet, nicht in einer Schönrederei der „Diktatur des Proletariats“.
„Zufällig“ verordnete Freiheit
Auch der verzweifelte Mut der DDR-Bürger, die oft unter Lebensgefahr oder Gefahr für den Verlust der intimen Freiheit durch Aburteilung und Einweisung in oft grauenhafte Zuchthäuser und Gefängnisse ihres „demokratischen“ Staates den Weg aus diesem Staat und seines Würgegriffes gesucht haben, sind Tatsachen, die nicht hoch genug gerade auch zum bevostehenden Mauerfall-Jubiläum gewürdigt werden können.
Dagegen stand die Saturiertheit einer „zufällig“ verordneten Freiheit (siehe zuvor) der meisten Westbürger. Zu ihrer Verteidigung muss aber ebenso angeführt werden, dass die Beharrlichkeit vieler ihrer Bürger letztlich zur permanenten Ermutigung ihrer „Landsleute“ im Ostteil Deutschlands beigetragen hat. Auch hier griffe eine pauschale Beurteilung und vor allem Verurteilung daneben.
Ihr Kolumnist und Sie als Redaktion sollten sich den nachweisbaren Unterschieden zwischen Ost und West widmen und sich weniger der Fortsetzung einer zu Recht untergegangenen Propaganda der DDR verpflichtet fühlen, die mit dem Abstand zum 3. Oktober 1990 immer verklärter erscheint.
Wo bleibt Alys Emphatie für die Opfer des DDR-Unrechtsstaates? Er zitiert diese Opfer nicht einmal. Sie, die Opfer, waren es – die die Lasten der Deutschen Einheit im Wortsinn getragen haben.
Mit dem Aufstand vom 17. Juni 1953 haben diese die weitere Entwicklung eingeleitet, mit den Füßen abgestimmt im Bewusstsein: Mit uns ist dieser Staat DDR nicht mehr zu machen. Dies war das Fanal für die Entwicklungen in der Tschechoslowakei, Ungarn und Polen.
Tatjana Sterneberg, ehem. Heimkind Ost, als Vierjährige in einem DDR-Jugendwerkhof für schwer-erziehbare Kinder (1957 –1959) und aus polit. Gründen verurteilte ehem. Hoheneckerin (1973-1976)
Carl-Wolfgang Holzapfel, ehem. Heimkind West (1948 – 1962) und (als Demon-strant)aus polit. Gründen in Ost-Berlin zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt (1965 –1966), Hohenschönhausen und Bautzen II.“ (884)
8 Kommentare
5. November 2014 um 12:04
Frank Auer
Es ist empörend, man fasst es nicht! Ehemalige DDR-Grenztruppen halten auch heute noch ihre jährliche Treffen ab und verhöhnen selbst 25 Jahre nach Mauerfall mit Aussagen wie „Schade um jeden, den wir nicht gekriegt haben“ nicht nur die Opfer, sondern jeden normal Denkenden.
Aber diese Art von Treffen sind ja bekannt. Die erfolgreiche Buchautorin, Zeitzeugenreferentin, Journalistin und ehemalige pol. zu Unrecht eingesperrte Ellen Thiemann hat in ihrem dritten Buch „Wo sind die Toten von Hoheneck“, erschienen März 2013, u. a. ausführlich auf die Aufmärsche und Treffen von alten Seilschaften hingewiesen.
Doch dies interessiert die Öffentlichkeit nicht. Zu Recht hat sich die Politik eingeschaltet, als am vergangenen Wochenende einige Rechtsradikale mit ihren Parolen durch einige NRW-Städte gezogen sind. Weshalb schaltet sich niemand ein, wenn öffentlich von Aufmärschen ehemaliger SED-Offizieren berichtet wird. Dies wird toleriert!
Seit dieser Woche haben wir in unserem Staat nun sogar ein Bundesland, dass durch eine Rot-Rot-Grüne Regierung regiert wird. In Thüringen wird wohl in wenigen Tagen ein Politiker der Linkspartei zum Ministerpräsidenten ernannt. Ein weiterer Schritt zur Verharmlosung der Linkspartei ist damit erfolgt. Man merke, man ändert nur seinen Namen (SED in DIE Linke). Damit gelangt man in Deutschland von einer Dikatur zur Demokratie! Es sieht so aus.
Eine erfolgreiche Bekämpfung gegen das SED-Regime, bzw. Nachfolge-Partei (Die Linke) sieht anders aus!
3. November 2014 um 04:34
Edith Fiedler
Untote feiern sich!
Siehe Link:
http://www.spiegel.tv/filme/ddr-grenztruppen
31. Oktober 2014 um 08:53
Bernd Stichler
„…Die betont staatliche Erziehungspolitik der DDR gab den Kindern damals mehr Halt und Wärme als im Westen; und womöglich verliefen die späteren, in der alten Bundesrepublik so harten Generationenkonflikte auch deshalb in der DDR insgesamt weicher…“
Das schreibt der Historiker Götz Aly. Er führt als besonderen Beleg dafür an, daß 1952 in der DDR die Prügelstrafe an Lehranstalten verboten wurde. Die Bundesrepublik folgte erst Jahrzehnte später. Das ist rein statistisch wohl richtig, die reale Praxis sah in der DDR wohl doch anders aus. Die Anwendung von körperlicher Gewalt gegen Kinder und Jugendliche wurde lediglich aus den Schulen verbannt. In Heimen, Werkhöfen und Jugendhäusern jedoch wurde diese Gewalt gegen Kinder und Jugendliche intensiv praktiziert und durch psychische Gewalt noch ergänzt! Es ist eine widerwärtige Verhöhnung der Betroffenen, wenn dieser Historiker behauptet: „Die betont staatliche Erziehungspolitik der DDR gab den Kindern damals mehr Halt und Wärme als im Westen.“ Ein regelrechtes Paradebeispiel für Wärme und Fürsorge gegenüber Kindern lieferte Margot Honecker, oder ?
Und wenn dieser Historiker nun auch noch von Generationen-konflikten faselt, die in der DDR ingesamt weicher gewesen sein sollen, dann sind diese geistigen Ergüsse an Ahnungslosigkeit kaum zu überbieten. Diese sogenannten Generationenkonflikte durften in der Bundesrepublik aufgrund der demokratischen Gesellschaftsordnung offen ausgetragen werden. In der DDR-Diktatur gab es solche Konflikte ebenfalls, nur gab es in dieser roten Diktatur keine Möglichkeiten, diese Generationenkonflikte offen auszutragen, sondern jeder Versuch wurde sofort von eifrigen Genossen, die Jahre zuvor noch laut “ Heil Hitler “ schreiend die braune Uniform der SA getragen haben, mit härtester Gewalt schon im Ansatz erstickt und endete hinter Gittern.
Wenn Herr Aly also Jahrgang 1947 ist, dann muß er als seriöser Historiker um diese Tatsachen wissen. Es sei denn, er argumentiert bewußt tendenziös. Dann allerdings kann er nicht als seriös gelten .
31. Oktober 2014 um 04:38
Frank
Als wenige Tage nach Grenzöffnung containerweise, druckfrische und in Folie verschweißte Parteiliteratur zur Verbrennung gekarrt wurden, muß ein DDR-Nostalgiker sich ein paar Bände abgezweigt und auf dem Dachboden gehortet haben, falls es mal wieder anders kommt! Als es nicht anders kam, verhökerte er wohl seinen „Schatz“ an begierige Historiker! Anders kann ich es mir nicht erklären, wie dieser Götz seine Kolummnen erstellt hat! Die abertausenden Heimkinder von Spezialkinderheimen der DDR, die sich derzeit in den Anlaufstellen melden, wird er ebenso wenig befragt haben, wie auch die Kinder in den Jugendstrafanstalten der DDR!
„Welcher Bedienstete sagt, er hätte nicht geschlagen der lügt!“ sagt ein Wärter des Jugendhauses Dessau in nachfolgender Dokumentation!
Wie deutlich braucht es eigentlich ein Historiker aus berufenem Munde zu hören?
(min 28.30)
Also lieber Götz, wenn man keine Ahnung hat, lieber mal das………
30. Oktober 2014 um 22:46
gustav
Zur Prügelstrafe:
Die Prügelstrafe mag ja in der Besenkammer „DDR“ schon 1952 abgeschafft worden sein…
Ich, Jahrgang 1940, war von 1952 bis 1955 (einmal sitzen geblieben) in fünf verschiedenen Heimen, davon zwei „normalen“ sowie drei sog. Spezialkinderheimen.
In Radis, zwischen Pratau und Gräfenhainichen (heute Jugendherberge) machte ich hinter dem Erzieher Mrotze(c)k Faxen. Wir umstanden ihn in der Eingangshalle dieses alten Herrenhauses derer von Bodenhausen.
Meine Faxen spiegelten sich in seinen Brillengläsern, er drehte sich blitzschnell um und ich bekam eine schallende Ohrfeige, sodaß mir fast der Kopf von den Schultern fiel. Das vergesse ich zwar nicht, „heule“ aber auch nicht darüber, weil es mir bis heute nicht schadete…
30. Oktober 2014 um 09:30
Bernd Stichler
……..Die in der DDR aufgewachsenen Deutschen…….
Hier müßte dieser weltfremde „Historiker“ schon etwas näher erklären , w e l c h e Deutschen er speziell damit meint. Viele können es ja nicht sein, denn die Masse hatte 1989 unübersehbar gezeigt, daß sie diese rote Diktatur nicht mehr haben wollte.
29. Oktober 2014 um 16:09
Klaus Dörfert
Unter dem Motto Gott verzeihe Ihm, dem „Götz“, was er mich auch kann. Wer sich an Kindern und an seiner Bevölkerung versündigt, dem fällt sein eigenes System auf die Füße. Kinder, die in einer Gesellschaft aufwachsen, die kalt, willkürlich, sadistisch, teilnahmslos und mitleidslos ist. Die die Kinder, also die Zukunft eines jeden Landes, emotional misshandelt oder körperlich züchtigt. Der hinterlässt kranke und zerstörte Menschen, die seelisch und körperlich ihr restliches Leben leiden. Aber gerade diese Kinder, haben sich 1968 bei den Studentenunruhen in der Bundesrepublik und 1989 bei der SED- Diktatur auf den Straßen der EX-DDR für das erlittene Leid bedankt.
29. Oktober 2014 um 13:16
stefan
Die Kolumnen von Götz Aly in der Berliner Zeitung sind oft … schwer zu ertragen.
Dass ich in diesem grausamen patriarchalischen Adenauer-Mief groß werden musste und nicht in der fortschrittlich-reformerischen DDR und nicht deren Erziehungssystem genießen durfte, wo die Prügelstrafe schon 1952(!) abgeschafft wurde, darunter leide ich noch heute, das ist mein wahres Trauma! Es war eben doch alles besser in der Zone!
Es ist schon eine Schande, was solche Historiker … von sich geben.
Die deutschen und tausende … Häftlinge wurden … geschunden, geschlagen, gefoltert und ausgebeutet, und Aly schwafelt davon, dass die Prügelstrafe in der DDR abgeschafft wurde.