Stollberg/Hoheneck, 21.07.2014/cw – Nach Medienberichten kamen am gestrigen Sonntag über 2.000 Besucher nach Stollberg, um das Angebot wahrzunehmen, an einer Führung durch das ehemalige berüchtigte Frauenzuchthaus Hoheneck teilzunehmen. Die Freie Presse hatte im Rahmen der Schlössertour in Sachsen auch die Burg über der Großen Kreisstadt Stollberg einbezogen,
Allerdings mussten die Besucher des dunklen Ortes bis zu zwei Stunden Wartezeit auf sich nehmen, um an einer der Führungen mit Zeitzeuginnen teilzunehmen. Bei der großen Hitze am Sonntag kein leichtes Unterfangen. Die Veranstalter hatten nicht mit einem derartigen großen Andrang gerechnet und daher offenbar zu wenige Zeitzeuginnen aktiviert. Unter vorgehaltener Hand wurde allerdings eingeräumt, dass nicht genug Geld zur Verfügung gestanden hätte, um Aufwand und Reisekosten für eine größere Anzahl von Zeitzeugen zu erstatten.
Kritiker sehen allerdings darin wie auch an dem großen Interesse einmal mehr ihre Forderung bestätigt, sobald als möglich eine Gedenkstätte an diesem Ort einzurichten und diese entsprechend mit den notwendigen Mitteln auszustatten.
Besucher mit Krone und Hermelin
So sehr die Initiative der Freien Presse begrüßt wurde, ist deren Präsentation vor Ort als „zumindest unglücklich“ bewertet worden. Vor einem Pressestand konnten sich Besucher in königlichen Kleidern, gar mit Krone und Hermelin vor einer Pressewand ablichten lassen:
http://www.freiepresse.de//BILDERGALERIEN/index.php?gal=24494&bild=29&return_id=11791732
Dies möge zwar einer Schlössertour im Allgemeinen entsprechen, wäre aber vor den Toren Hohenecks geradezu „ein Affront der tausenden Frauen, die zu DDR-Zeiten zu Unrecht aus politisch motivierten Gründen eingesperrt“ waren.
Eine Hoheneckerin, die nicht genannt werden möchte, brachte es auf den Punkt: „Wir verdanken besonders der örtlichen Redaktion der Freien Presse in der Vergangenheit eine wesentliche Unterstützung unserer Anliegen. Umso bestürzter sind wir über die hier gezeigte mangelnde Sensibilität. Der hier durchgeführte Klamauk hätte ungute Erinnerungen an die einst durchgeführte und auf berechtigte Proteste gestoßene Veranstaltung des Vorbesitzers geweckt, der vor Jahren zu einem spektakulären Erlebnisknast eingeladen hatte.“
Anfangsstadium eine Lernphase
Auch Tatjana Sterneberg, Vorsitzende des ersten Fördervereins „Begegnungs- und Gedenkstätte (BuG) Hoheneck“ hofft auf eine „Einmaligkeit dieser Präsentationsform.“ Man sei allerdings „in einem Anfangsstadium des Projektes, das sei eine gewisse Lernphase für alle Beteiligten.“ Um so dringlicher sei die „anstehende Schaffung von Strukturen, die eine ernsthafte Befassung mit der furchtbaren Vergangenheit an diesem Ort gewährleiste.“ Darum sollte sich die Stadt als Eigentümer, der Freistaat und die von diesem betriebene Stiftung Sächsische Gedenkstätten als Finanzgeber schnellstmöglich auf eine verantwortliche und seriöse Leitung einer künftigen Gedenkstätte einigen, die schon jetzt eine übergeordnete „Verantwortung für derartige Events übernehmen“ sollte (829).
V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin, Tel.: 030-30207785
6 Kommentare
25. Juli 2014 um 08:21
Maxi
Diese Art von Presse kann ich nur noch mit Journaille bezeichnen.
Und da kann ich auch nix mehr entschuldigen mit „…denn sie wissen nicht was sie tun…“, wenn ausgebildete, ausgewachsene,erwachsene Leut dafür Druckerschwärze und Texte mißbrauchen.
Dann besser wie Cornelia meint, einfach mal stille sein und nix berichten, als so’n dummen Quatsch.
Damals in der Burg wäre das schäbigste Katzenfell
willkommen gewesen zum Schutz gegen Bibbern. An Hermelin hat da keine der Frauen gedacht sondern war froh, dass nachts der Wintermantel half trotz Kälte Schlaf zu finden.
Tipp: Betrifft Chemnitz und“Vogelkäfig“ Kaßberg 27.7. 20.15 Uhr MDR Thema RA Wolfgang Vogel
25. Juli 2014 um 07:33
kalinka
Damals hätte man das Hotel zulassen sollen. Da hätte wenigstens jemand nachvollziehen können, wie es dort gewesen ist in diesem Zuchthaus. Nur für eine Führung allein kommt niemand nach Hoheneck.
Aus finanziellen Gründen muss man solche Veranstaltungen dulden.
Bald sind alle Zeitzeugen weg. Da macht man eh was man will.
Wir sollten auf einem Stück von der Burg bestehen, dass wir noch zu Lebzeiten als Gedenkstätte besuchen können.
Realistisch sollten wir unsere Zukunft auf Hoheneck betrachten.
Nur mit weinerlichen Kommentaren ist noch nichts in die Tat umgesetzt.
24. Juli 2014 um 11:36
Cornelia
Nicht nur peinlich, nicht nur unglücklich, das ist der Hammer. Welche Leute von der Presse sind denn da zu Gange? Wissen die nicht, worüber sie da berichten?! Spaßveranstaltung oder was. Schlössertour? Kein Bericht darüber ist alle Male besser, als soetwas… Traurig.
24. Juli 2014 um 06:29
Manfred Springer
Ja, liebe Kameradin, warte erst einmal ab wie die Ergebnisse aussehen, sollte der Ort vom Versorgungsamt Hamburg betreut werden! sagt Manfred
Gutachtenaussagen/Hamburg:(Ohne Schamgefühle!)
Stelle Dich moralisch nie höher über Dein Bewachungspersonal – denn ansonsten warst Du nie Opfer, und Schuld an der Verhaftung haben die Eltern, wenn sie ihr Kind nicht zum Bürger des Staates erzogen haben! – Na und das Deutsche Wirtschaftswunder, wie in den 60er Jahren, hätte es nie gegeben, wenn Alle aus dem Krieg krank zurück gekommen wären.
22. Juli 2014 um 12:18
Weber
Ansturm auf Hoheneck?
Wären auch ohne dieser publikumswirksamen Aktion dieser Zeitung 2000 Menschen erschienen? Vielleicht wollten die Besucher nur fotografiert werden und alle Schlösser dieser Schlössertour besuchen? Den wahren Grund dieses Ansturm wird nicht mehr feststellbar sein.
22. Juli 2014 um 09:42
Gisela
Da bedarf es keiner Zeit mehr, die vergehen muß, um Sensibilität für diesen Ort zu entwickeln.
Es ist nur noch peinlich welche Verantwortlichen solche Aktionen genehmigen und ausführen.
Ich habe in den 70er Jahren fast drei Jahre in diesem Zuchthaus gesessen und hätte niemals geglaubt, das es einmal für „Faschingsveranstaltungen“ mißbraucht wird.