Berlin, 2.April 2014/cw – Nein, es war kein Aprilscherz, als der BZ-Kolumnist Gunnar Schupelius genau am 1. April in seiner Kolumne den Kultursprecher unsers Regierenden Bürgermeisters, Günter Kolodziej, mit dem Statement zitierte, das diffamierende Knabe-Bild in einer Ausstellung des Cafe Sibylle in der Karl-Marx-Allee sei „eine schwer erträgliche moralische Herabwürdigung“ des Herrn Knabe. Es solle aber „im Sinne der Kunstfreiheit“ toleriert werden. Die Skandale scheinen sich nicht nur auf den BER zu reduzieren.

Als Kunst verbrämter Hass auf die Diktatur-Opfer: "Das Gesicht" von Hubertus Knabe - Foto: LyrAg

Als Kunst verbrämter Hass auf die Diktatur-Opfer: „Das Gesicht“ von Hubertus Knabe
– Foto: LyrAg

Nicht nur Schupelius empörte sich über diese Agitprop-Kunst 25 Jahre nach dem Zusammenbruch der DDR. (http://www.bz-berlin.de/thema/schupelius/dieses-hitlergruss-bild-ist-keine-kunst-article1823247.html). Er zitiert zwar die Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld und den UOKG-Vorsitzenden Rainer Wagner, um dann  festzustellen: „Sonst geschah nichts. Kein Protest war zu hören, kein Politiker mischte sich ein. Es schwieg das sonst allseits aufgebrachte Berlin.“ Schupelius, dessen Empörung wir ausdrücklich teilen, hat aber seine eigene Zeitung nicht gelesen, auch wenn er auf den Artikel vom 23.März ausdrücklich hinweist. Dort hatte sein Kollege berichtet, dass die in Berlin ansässige Vereinigung 17. Juni den Skandal öffentlich gemacht und heftigen Protest angemeldet hatte. Rainer Wagner und danach Vera Lengsfeld schlossen sich dieser Empörung an, immerhin. Das nur zur Korrektur.

Mit dem Protest ist das ja auch so eine Sache. Man kann bequem aus seinem Sessel heraus die Geschehnisse verfolgen und bei Bedarf, wenn es denn nützlich erscheint, Proteste formulieren. Das kostet nichts und bringt entsprechende Publicity. Sich selbst an den Ort der Ausstellung begeben, das Bild selbst in Augenschein nehmen, das ja erst durch den diffamierenden und beleidigenden Text zum Skandal wird?  Zuviel Arbeit, zuviel Aufwand?
Die den Skandal aufdeckende Vereinigung 17. Juni war mehrfach vor Ort, hielt den Skandal – Bilder und Texte – fotografisch fest, wandte sich an das ARD-Hauptstadtstudio und an die Deutsche Bank (wegen der vom Künstler selbst angekündigten Ausstellung am 28. April in der Alten Münze in Berlin) und informierte schließlich die Öffentlichkeit.

Im Kontext zu Knabe? Josef Goebbels Foto: LyrAg

Im Kontext zu Knabe?
Josef Goebbels
Foto: LyrAg

Vielleicht hatte aber diese Öffentlichkeit auch Schwierigkeiten mit dem Protest des Vorsitzenden des Stiftungsbeirats der Gedenkstätte Hohenschönhausen, der in Personalunion auch Vorsitzender der UOKG ist und in zwei Wochen zusätzlich den Vorsitz in der Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS) übernehmen will? Kommt ein Protest gegen die Diffamierung Knabes mittels „Hitlergruß und Rotfront-Faust“ an, wenn der Protestierende aus tiefer religiöser Überzeugung und unter Asserachtlassung seiner weltlichen Funktionen fast 70 Jahre nach dem Zusammenbruch des Hakenkreuz-Reiches den Juden (und andere) als „Knecht Satans“ bezeichnet, dem Islam vorwirft, eine erfundene Religion mit dem „falschen Propheten Mohammed“ zu sein und gleich noch andere Religionen wie den Buddhismus diffamiert? Bislang weigert sich der pietistische Prophet, einem Vorschlag zu folgen und seine Äußerungen zumindest als „Missverständnis, das auf  berechtigte Proteste gestoßen“ sei, zu bezeichnen und – natürlich in diesem Sinn – zu bedauern.
Schupelius weiß von diesen umstrittenen Äußerungen, um die Kritik daran. Würde er jetzt auch zitieren: „Sonst geschah nichts. Kein Protest war zu hören, kein Politiker mischte sich ein. Es schwieg das sonst allseits aufgebrachte Berlin?“

Auch die NSU-Angeklagte Zschäpe wird zum Knabe-Kontext - Foto: LyrAg

Auch die NSU-Angeklagte Zschäpe wird zum Knabe-Kontext
– Foto: LyrAg

Das Bild, um das es hier geht, ist für sich betrachtet, eine Ausdrucksform der Kunst. In dieser Eigenschaft war es auch in der Ausstellung im ARD-Hauptstadtstudio 2011 gezeigt worden. Zum Skandal wurde und wird das Bild erst durch die beigefügte und provokante Textung. Erst hier wird „das Gesicht Knabes“ beschrieben, das vielleicht sonst keiner erkannt hätte, erst hier werden die bösartigen Diffamierungen des Gedenkstättenleiters postuliert. Und erst hier erschließt sich der gewollte Kontext zu den anderen ausgestellten Bildern von Goebbels, Gaddafi, Zschäpe und Mahler. Jan Bejsovec kann das Bild nach diesem Skandal nicht mehr so harmlos ausstellen, wie weiland im ARD-Hauptstadtstudio. Es ist durch seine widerliche Agitprop-Textung buchstäblich verbrannt. Jeder, der dieses Bild in Zukunft ausstellt, macht sich nunmehr gemein mit dieser Diffamierung eines anerkannten und weltweit respektierten Historikers.

So wie sich jeder gemein macht mit der Diskriminierung des Juden als „Knecht Satans“, wenn er den Schöpfer dieses abartigen Antisemitismus in neue Positionen wählt oder gar in bisherigen Positionen belässt. Ein „bisschen schwanger“ geht nicht, Gunnar Schupelius.

V.i.S.d.P.: Vereinigung 17. Juni 1953 e.V., Berlin, Tel.: 030/30207785