Berlin, 5.02.2013/cw – Oliver Igel, Bezirksbürgermeister von Treptow-Köpenick, erinnerte heute an der Gedenkstele für den vor 25 Jahren an dieser Stelle ermordeten Christ Gueffroy an dessen tragischen Tod „sieben Monate vor dem Fall der Mauer.“
Die Mutter und Gueffroys Bruder hatten sich neben Freunden, Vertretern des Bezirksparlamentes und ca. 20 interessierten Berliner Bürgern am Ort des seinerzeitigen Fluchtdramas eingefunden, um „in Stille des letzten durch Schusswaffengewalt ums Leben gekommenen Opfers der Berliner Mauer zu gedenken.“
Igel schloss in seine kurze Ansprache alle Maueropfer ein: „Mir ist es egal, ob es 136 oder über 1000 Opfer waren, jeder Einzelne war ein Opfer zu viel,“ betonte der Bürgermeister. Sein Bezirk fühle sich besonders verpflichtet, dieser Opfer zu gedenken, denn sein Bezirk habe die längste Mauer ertragen müssen, „allein 20 Menschen sind an diesem Mauerteil gestorben.“
Neben einem Vertreter der Gedenkstätte Hohenschönhausen und dem Vorstand des Heimatvereins Köpenick, letzterer ist in der Erinnerungspflege an die Opfer der Teilung beispielgebend, war nur die Vereinigung 17. Juni 1953 für die Opfer-Vereine der DDR-Diktatur zu der Gedenkveranstaltung erschienen.
Zuvor fand um 12:00 Uhr in der Versöhnungskapelle in der Bernauer Straße eine geistliche Erinnerung an den Toten statt, an der neben vielen Berlinern die Stiftung Berliner Mauer durch ihren Direktor und die UOKG mit zwei Beiräten vertreten waren.
Siehe auch: http://www.rbb-online.de/abendschau/

Die Erinnerungstafel an der Chris-Gueffroy-Allee mußte wegen Vandalismus bereits 3 x erneuert werden. Blick auf den Zugang zur Gedenkstele am Zweigkanal. – Foto: LyrAg
Die Vereinigung 17. Juni gab in einer Erklärung ihrer tiefen Befriedigung Ausdruck, dass sich der Bezirksbürgermeister Oliver Igel und sein Bezirk „beispielgebend für andere betroffene Bezirke der Mahnung und Erinnerung an die dunkle Zeit unser Stadt und unseres Landes verpflichtet weiß.“ Der Verein habe jüngst mit Bestürzung registriert, das zum Beispiel der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg zum 50. Todestag des Maueropfers Paul Schulz „bis heute keine Blume oder ein anderes Gedenken an den im Schatten der Thomas-Kirche zu Weihnachten 1963 erschossenen seinerzeit Achtzehnjährigen“ für angebracht gehalten hat. Dies sei „ein sehr trauriges Signal für das 25jährige Gedenken an den Fall der Berliner Mauer,“ erklärte der Vereinsvorstand.
V.i.S.d.P.: Vereinigung (AK) 17. Juni 1953 e.V., Berlin, Tel.: 030-30207785
1 Kommentar
6. Februar 2014 um 11:55
Edith Fiedler
Ich leide immer wieder mit der Mutter von Chris Gueffroy. Es hätte ja auch mal meinen eigenen Sohn treffen können. Weil er massiven Repressionen ausgesetzt war, mit dem Ziel die Mutter zu zerbrechen, bin ich in meiner damaligen großen Not 1976 selbst geflüchtet. Das scheiterte, weil Westberliner angeworbene Spitzel des MfS dies verrieten.
Aus heutiger Sicht habe ich damit viel gewagt, denn ich hätte auch bei der Verhaftung „auf der Flucht erschossen“ werden können. Fünf Posten mit auf uns ( meiner Fluchthelferin und mich) gerichteten, schussbereiten Maschinenpistolen haben auf uns gezielt. Eine falsche Bewegung von uns, und wir wären „weg“ gewesen. Alpträume verfolgen mich bis heute.
Ich wurde zu 3 Jahren und 6 Monaten Haft verurteilt. Die Bonner Bundesrepublik Deutschland kauften mich und meinen Sohn für 130.000 DM frei. Nach 2 Jahren der Trennung wurde mir mein Sohn in der Bahnhofshalle Zoologischer Garten in Berlin übergeben.
Wir begannen ein neues Leben. Dies war Chris Gueffroy und seiner Mutter leider nicht vergönnt. Das sollten wir nie vergessen.
Gestern zum Gedenken wäre ich gern dabei gewesen, aber der Weg von der Straße bis zu der Stele ist für mich zu weit und an eine Sitzgelegenheit für ältere und geh- und stehbehinderte Menschen (ohne Rollstuhl) wird leider nie gedacht.
Daher lobe ich den Vorstand der Vereinigung, der uns verhinderte Mitglieder so rührend vertreten hat. Danke!.