Berlin, 4.02.2014/cw – An das letzte gewaltsam ums Leben gebrachte Opfer der Berliner Mauer wird am morgigen Mittwoch, 5. Februar 2014, um 12:00 Uhr in der Versöhnungskapelle in der Bernauer Straße erinnert. Dies teilte die Stiftung Berliner Mauer in einer Presseinformation mit. Das Bezirksamt Treptow-Köpenick wird um 14:00 Uhr an der Gedenkstele für Gueffroy in Johannistal, Chris-Gueffrroy-Allee mit Bezirksnürgermeister Oliver Igelein stilles Gedenken durchführen.
Chris Gueffroy, geboren am 21. Juni 1968, hatte sich gemeinsam mit einem Freund zur Flucht entschlossen, als er Anfang 1989 erfuhr, dass er zur Wehrpflicht eingezogen werden sollte. Zuvor war ihm das Abitur verweht worden, weil er sich weigerte, nach der Schule Offizier der Nationalen Volksarmee zu werden.
Der 20-Jährige wurde tödlich getroffen, sein Freund verletzt festgenommen, nachdem die Freunde versucht hatten, an den Sperranlagen vor dem Britzer Zweigkanal in Treptow die Mauer zu überwinden. Die Stiftung Berliner Mauer: „Chris Gueffroy war der letzte Flüchtling, der an der Berliner Mauer erschossen wurde und das zweitletzte Todesopfer, das bei einem Fluchtversuch ums Leben kam. Nach seinem Tod wurde der Schießbefehl aufgehoben.“
Die Grenzposten wurden nach dem Mauerfall verurteilt. Der Haupttäter zu dreieinhalb Jahren Gefängnis, drei Mitangeklagte bekamen Bewährungsstrafen. Der Bundesgerichtshof hatte das Urteil mit der Begründung allerdings aufgehoben, die Grenzposten hätten in der Hierarchie ganz unten gestanden. In der erneuten Verhandlung wurden die an dem Mord beteiligten vier DDR-Grenzer milde bestraft. Zwei der Mordschützen erhielten Bewährungsstrafen, zwei weitere wurden freigesprochen.
In der Kapelle der Versöhnung finden nach einer umgesetzten Idee des am 6. Dezember letzten Jahres verstorbenen Pfarrers Manfred Fischer von Dienstag bis Freitag, jeweils 12.00 bis 12.15 Uhr, regelmäßig Andachten für die Mauertoten statt. In den Andachten werden die jeweiligen Biographien der Opfer verlesen. In den Wintermonaten finden die Lesungen witterungsbedingt nur zeitweise, nach Ankündigung, statt. Die nächste Andacht ist für den 04. März 2014 vorgesehen.
Siehe auch: Die Todesopfer an der Berliner Mauer 1961-1989. Ein biographisches Handbuch – Hans Hermann Hertle und Maria Nooke, Herausgeber: Deutsches Nationalkomitee für Denkmalschutz.
Sendehinweis: Dienstag, 22:45 Uhr im RBB: „Das kurze Leben des Chris Gueffroy. http://www.rbb-online.de/doku/das/das-kurze-leben-des-chris-gueffroy.html
V.i.S.d.P.: Vereinigung (AK) 17. Juni 1953 e.V., Berlin, Tel.: 030-30207785
2 Kommentare
14. Februar 2014 um 16:50
Fritz Schüler
Es ist anerkennenswert, wenn Jahrzehnte nach dem Fall dieses schändlichen Bauwerkes kommunistischer Terrorherrschaft an dortige Untaten erinnert wird.
Doch was soll man davon halten, wenn ein Vierteljahrhundert nach dem Fall von Mauer und Stacheldraht in der Gedenkstätte Bernauer Straße auf einer Gedenktafel für die Toten auch Mordschützen vom Schlage Peter Göring, Reinhold Huhn u.a. als „Opfer“ verewigt sind ???
Man stelle sich einmal die Ehrung von SS-Schergen nach 1945 in gleicher Weise vor ? !
Beide Tätergruppen – SS-Mörder wie auch Mauerschergen (Spitzname GRÜNE SS) – haben totalitären Herrschaftssystemen gedient.
Andersdenkende galten als „Volksschädlinge“ oder „Klassenfeinde“, die zu „vernichten“ seien.
Wie wollen wir heutigen und kommenden Generationen das erforderliche Unrechtsbewusstsein vermitteln, wenn lange nach dem Scheitern der „Diktatur des Proletariats“ ihre menschenverachtenden Handlanger an gleicher Stelle wie deren Opfer geehrt werden ?
Meine diesbezüglichen Einwände wurden leider vor Jahren schon mit dem fadenscheinigen Vorwand des „historischen Erinnerns“ abgewiesen.
5. Februar 2014 um 04:34
Ellen Thiemann
Der überlebende und anschließend vor Gericht gestellte Freund Christian Gaudian wurde ausgerechnet von Staatsanwältin Christa Roehl angeklagt, die auch in meinem Fall 1973 tätig war.
Das von ihr geforderte Willkürurteil gegen mich von drei Jahren und fünf Monaten wegen geplanter Republikflucht war vorher mit meinem Stasi-Vernehmer abgesprochen worden. Das konnte ich 1992 den Aufzeichnungen bei meiner ersten Akteneinsicht in der BStU entnehmen. Und diese Staatsanwältin war nach dem Fall der Mauer in sieben Fällen (eine davon war ich) angezeigt und zu 2,5 Jahren verurteilt worden – wenn auch nur auf Bewährung. Heute soll sie – wie kann es auch anders sein – in der Nachfolgepartei SED/PDS/Die Linke mitmischen.
Es ist wichtig, dass an diesen letzten feigen und brutalen Mauer-Mord erinnert wird, da von bestimmten Kreisen permanent ans „Vergeben und Vergessen“ appelliert wird. Abgesehen davon, dass zunehmend Journalisten/Autoren/Referenten mit Zensur, Maulkorbzwang und Redeverbot belegt werden. Dafür gibt es hanebüchene, aktuelle Beispiele!