Berlin, 1.10.2013/cw – DER SPIEGEL schreibt in seiner jüngsten Ausgabe ((Nr.40, 30.09.13) auf den Seiten  56 und 58 über das „Cholerische Element“ unseres Bundespräsidenten. Anlass: Das in den nächsten Tagen  erscheinende Buch von Mario Frank: „Gauck, eine Bografie“, (Suhrkamp-Verlag, 414 Seiten, 19,95 €).  Nun mag es dahingestellt bleiben, über die „höhere Affinität“ des Präsidenten der Republik „zu Frauen“  oder das Gerücht, Gauck „sei homosexuell“ öffentlich zu berichten. Seit Christian Wulff wissen wir um die eingerissenen Barrieren letzten Anstands gegenüber dem Amt des Staatsoberhauptes.

Die Hinterfragung der Rolle Gaucks als Bürgerrechtler bleibt allerdings legitim, zumindest solange, wie diese Rolle nach wie vor von Weggefährten und Zeitzeugen als „nicht klar“ definiert wird: „Unwidersprochen bleiben die Bewertungen des Autors zur Rolle des Rostockers (Gauck) im Umbruch von 1989,“ schreibt DER SPIEGEL und zitiert Mario Frank: „Erst Mitte Oktober tritt Joachim Gauck als Akteur auf die Bühne der Herbstrevolution.“ Und: „Als er anfing, sich intensiv mit der Staatssicherheit zu beschäftigen, war das Ringen um  den Nachlass längst im Gange.“

Nachdenklich dürfte Opfer der DDR-Diktatur allerdings die Reaktion  des heutigen Bundespräsidenten auf folgenden Vorhalt des Biografen stimmen. Frank schreibt: „Von 1987 bis zur Wende 1989 erhielt er (Gauck) elf Mal die Erlaubnis, nach West-Berlin oder in die Bundesrepublik zu fahren.“ Und: „Während die meisten DDR-Bürger keinen Reisepass hatten, besaß Gauck gleich zwei; einen  nutzte er für Privatbesuche im Westen, den anderen trug der Kirchenmann bei Dienstreisen bei sich.“ Frank: Eine „sonderbare Reisemöglichkeit.“

Und Gauck? Keine einzige Reisegenehmigung sei „untypisch“ gewesen.

Das ist erklärungsbedürftig Herr Präsident. Denn ein  Staatsoberhaupt darf sich auch im  Nachhinein nicht so nonchalant über die eingemauerten Landsleute äußern, gar damit die Toten an der Mauer, die ihre versuchte „Ausreise“ aus der Diktatur des Proletariats mit hohen  Zuchthausstrafen oder gar dem Leben bezahlen mussten, posthum verhöhnen.

Es wird ja unter der Hand schon lange kolportiert, Gauck habe im Gegensatz zu seinen eingemauerten Landsleuten den Fall der Mauer am 9. November 1989 in West-Berlin erlebt. Er befand sich just zu diesem Zeitpunkt bei seinem  Onkel zu Besuch, dem nach seiner Pensionierung in den Westteil der Stadt übergesiedelten und im Oktober 2000 verstorbenen Superintendenten Gerhard Schmitt. Warum auch dieses bemerkenswerte Detail aus Gaucks Leben bisher offiziell verschwiegen  wurde, mag wohl daran liegen, daß der Bundespräsident auch diesen Umstand als nicht untypisch für einen damaligen DDR-Bürger ansieht.

Gauck überfordert, wie es sein  Biograf „behutsam“ deutet? Spekulationen in diesem Bereich gab es bereits zu Heinrich Lübkes Zeiten (1959 – 1969), sie erscheinen im Zusammenhang mit diesem Amt zulässig. Auch wenn  der gegenwärtige Amtsinhaber Äonen entfernt vom Intellekt des vormaligen Landwirtschaftsminister im Kabinett Adenauers scheint. Dennoch wirkt der amtierende Bundespräsident überfordert, wenn es um seine ureigene Biografie geht. Er sollte sich und der Öffentlichkeit einiges erklären. Vielleicht nicht so sehr seinen Umgang mit dem „Sakrament der Ehe“ (obwohl dies auch für einen  em. Pastor durchaus angemessen wäre), auch nicht über seine tatsächliche oder behauptete Homosexualität (die wäre zumindest intimer Privatbereich). Aber erklärungsbedürftig gegenüber den zitierten Opfern der DDR-Diktatur bleibt seine fatale Äußerung zu seinen Reisemöglichkeiten. Die ist nicht privat, die hat staatspolitische Priorität.

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