Berlin-Köpenick, 08.06.2013/cw – Bezirksbürgermeister Oliver Igel (SPD) brachte es in seiner launigen Ansprache auf den Punkt. Sein Bezirk sei immer schon ein Beispiel für Renitenz und Widerstand gewesen.

Martin Gutzeit (li.) und Oliver Igel enthüllten den Gedenkstein, den zuvor die Vereinigung 17. Juni mit einem Eichenzweig geschmückt hatte.
Foto: LyrAg
Das berühmteste Beispiel sei der legendäre Hauptmann von Köpenick. So sei es für ihn gar nicht verwunderlich, dass der Volksaufstand seinen Ursprung nicht in der Stalinallee, sondern hier „am 13. Juni 1953 in Köpenick auf einer Dampferfahrt auf dem Müggelsee hatte, als sich Bauarbeiter von der Baustelle Krankenhaus Friedrichshain mit Kollegen aus Köpenick trafen und über Streikmaßnahmen berieten.“ Ein wenig stolz vermerkte Oliver Igel, dass sich von 20.000 Arbeitern in Köpenick immerhin 17.000 am Streik vom 17. Juni 1953 beteiligten.
Der legendäre Dampfer startete damals vom Anlegesteg „Rübezahl“. Und nicht weit von der Anlegestelle weihte der Bezirk aus Anlass des 60. Jahrstages des Volksaufstandes einen Gedenkstein ein. Unweit entfernt hatten die Landesbeauftragten ihre dreitägige Tagung zum Thema „17. Juni 1953“ im Hotel am Müggelsee durchgeführt. So konnte der Bezirksbürgermeister rund 150 Gäste zu diesem Ereignis begrüßen, unter diesen neben Zeitzeugen wie Klaus Gronau aus Berlin auch die Landesbeauftragten Lutz Rathenow aus Sachsen, Hildigund Neubert aus Thüringen,
Ulrike Poppe aus Brandenburg und Martin Gutzeit aus Berlin. Für die Verfolgtenverbände waren u.a. die Vorsitzenden der VOS, der Vereinigung 17. Juni, dem Forum zur Aufklärung und Erneuerung, des Bautzen-Komitees und des UOKG-Vorstandes, zahlreiche Mitglieder und BürgerrechtlerInnen wie Vera Lengsfeld und Heidi Bohley, die Schwester der legendären Bärbel Bohley, erschienen, um die damaligen Vordenker des Aufstandes zu ehren. Vom Abgeordnetenhaus in Berlin war Joachim Krüger (CDU) anwesend, der auch Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Sachsenhausen ist.
Neben dem Berliner Landesbeauftragten sprach auch der Vorsitzende des Heimatvereins Köpenick, Stefan Förster, der die Anregung zu diesem Gedenkstein gegeben und die Veranstaltung organisiert hatte. Förster dankte zunächst wie zuvor Oliver Igel den Unterstützern des Vorhabens, hier besonders dem THW, für den sachgerechten Transport des „nicht leichten“ Findlings und seinem Stellvertreter für die Idee. Der engagierte Vereinsvorsitzende, der mehrfach von regem Beifall unterbrochen wurde, erinnerte an die Vorleistungen des Bezirkes Treptow-Köpenick, der die Aufarbeitung und Erinnerung an die SED-Diktatur konsequent und gegen zahlreiche Widerstände durchführe.

Unter den Teilnehmern auch Hildigund Neubert (5.v.l.) und Vera Lengsfeld (8.v.l.). Im Vodergrund (re.) Reinhard Dobrinski.
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Straßenbenennungen nach Opfern des Systems, wie dem letzten Maueropfer Chris Gueffroy oder dem Aktivisten des 17. Juni, Siegfried Berger, seien für den Bezirk eine Selbstverständlichkeit und bleibende Verpflichtung. Auch sei dies die richtige Antwort auf den Skandal, dass noch immer zahlreiche Straßen und Plätze nach den Protagonisten des Unrechtes benannt seien. Hier gelte es, „zumindest einen Gleichstand“ anzustreben und herzustellen, rief Förster aus.
Die Teilnehmer der Landesbeauftragtenkonferenz begaben sich im Anschluss an die würdige Feier, die von dem Trompeter Steve Horn eindrucksvoll mit dem Lied der Deutschen begleitet wurde, auf einen wenige Meter entfernt am Anlegesteg „Rübezahl“ wartenden Dampfer, um die historische Fahrt vor sechzig Jahren nachzuempfinden.
Ralf Drescher, neben oliver Igel stellvertretender Vorsitzender des Heimatvereins, stellte uns freundlicherweise sein Video über die Veranstaltung zur Verfügung:
http://www.youtube.com/watch?v=dP06aBjd7XY
V.i.S.d.P.: Vereinigung (AK) 17. Juni 1953 e.V., Berlin, Tel.: 030-30207785
1 Kommentar
10. Juni 2013 um 05:19
Fritz Schüler
Nach 60 Jahren ist das Ereignis eine schöne, aber leider verspätete Geste des Gedenken an jene mutigen Menschen im „Arbeiter-und-Bauern-Staat“, die für Demokratie und Menschenrechte Freiheit oder sogar das Leben verloren haben.
Es ist in der Tat ein Skandal, dass sowohl Urheber als auch Protagonisten des Roten Terrors weiterhin durch pompöse Denkmäler und Straßennamen verewigt werden.
„Gleichstand“ – von Herrn Förster gefordert – reicht nicht.
Vor allem kommenden Generationen können wir so niemals ein klares Unrechtsbewusstsein vermitteln.
Die verbrecherische Ideologiefirma Marx und Engels gehört zusammen mit ihren blutigen Vollstreckern ebenso konsequent auf dem Müllhaufen der Geschichte entsorgt wie deren braune Ableger.
Schließlich sind ARBEITER und BAUERN von diesen untergegangenen Terrorregimen wie nie zuvor unterdrückt worden.