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Berlin, 30.10.2012/cw – Während die BStU ihrem Mitarbeiter Helmut Müller-Enbergs den Rechtsschutz verweigert, weil die Behörde bereits einen Prozess wegen der Benennung einstiger Stasi-IMs, hier eines beschuldigten Ehepaares, verloren und darum eine Unterlassung unterzeichnet hat, bekommt der Stasi-Forscher und Professor h.c. indirekte Unterstützung auf unterschiedlichen Ebenen.
So veröffentlichte die FAZ am vergangenen Sonntag die Klar-Namen der auch von Müller-Enbergs angeführten Eheleute und IMs „Bob“ und „Petra“ ohne jede Verschleierung oder Kürzung der in der SPD wohlbekannten Namen („Stasi-Agenten bei der SPD – Für Verdienste um Volk und Vaterland“, FAZ 28.10.2012).
Heute veröffentlichte u.a. SPIEGEL-Online ein BGH-Urteil (Az.: VI ZR 4/129), nachdem die im Springer-Verlag erscheinende Tageszeitung DIE WELT den Namen eines ehemaligen Stasi-Offiziers aus einem Artikel in ihrem ONLINE-Angebot nicht tilgen muß. Der Kläger war „Offizier im besonderen Einsatz“ und hatte dennoch vor einem Landgericht eine eidesstattliche Versicherung abgegeben, nach der er „niemals Angestellter oder sonst wie hauptamtlicher Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit“ gewesen sei. Ein Verfahren wegen des Verdachts einer falschen eidesstattlichen Versicherung war nach Zahlung eines Geldbetrages eingestellt worden.
Der BGH urteilte über die weitere Zulassung des zuvor veröffentlichten Online-Textes, der weiter abrufbar sei und den heutigen Finanzdirektor der Gazprom Germania GmbH. namentlich nennt, aber laut BGH nicht gegen dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht verstoße. Durch die Einstellung des Strafverfahrens habe die Meldung ihre Aktualität nicht verloren, begründete der BGH seine Entscheidung und betonte ein „gewichtiges Interesse“ der Öffentlichkeit daran, sich durch eine aktive Suche nach der Meldung über die darin dargestellten Vorgänge und Zusammenhänge zu informieren.
IM „Bob“ und „Petra“ hingegen haben erneut gegen die Benennung ihrer Klarnamen geklagt, diesmal gegen den BStU-Forscher Müller-Enbergs, der in seinen Berichten Ross und Reiter, also auch das klagefreudige Ehepaar mit vollem Namen angeführt hatte. Auch das einst in der Bonner SPD-Parteizentrale beschäftigte Ehepaar hatte eine Mitarbeit für das MfS bestritten; ein entsprechendes Verfahren war seinerzeit wegen der drohenden Verjährung gegen die Zahlung von insgesamt 15.000 Euro eingestellt worden.
Kritisch hinterfragte die FAZ die Unterlassungs-Entscheidung der BStU: „Ist das notwendiger Pragmatismus? Oder knickt hier eine Institution in einer Frage ein, die für ihre Tätigkeit von grundlegender Bedeutung ist?“
Darf Müller-Enbergs nun mit vorsichtigem Optimismus der in das Frühjahr 2013 verlegten Gerichtsverhandlung entgegensehen oder verklagt nunmehr das Ehepaar Deuling die renommierte FAZ wegen der Klarnamen-Veröffentlichung in der Sonntagsausgabe vom vergangenen Sonntag? Gleichviel, das OLG Hamburg hat mit dem jetzt veröffentlichten Urteil des BGH eine weitere juristische Nuss zu knacken. Das die unzähligen Opfer der Stasi mental dem BStU-Professor zur Seite stehen und eine juristische Kehrtwende in der Beurteilung von Namhaftmachungen einstiger Täter erhoffen, dürfte dabei Außerfrage stehen.
V.i.S.d.P.: C.W. Holzapfel, Berlin, Tel.: 030-30207785
Quellen:
Siehe auch unseren Bericht auf dieser Seite: „Warum verweigert die BStU einem Mitarbeiter Rechtsschutz gegen DDR-Spione? – SED-Opfer zeigen sich irritiert“ vom 21.10.2012
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