Förderverein Begegnungs- und Gedenkstätte Hoheneck e.V.
Hohenecker Bote
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Nr.010 Förderverein – Info 15. September 2012
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Frauen von Hoheneck beantragen außerordentliche Mitgliederversammlung
Hoheneck, 10.09.2012/ts – Nach letzten Informationen, die der Redaktion vorliegen, haben über zwanzig Prozent der Mitglieder des „Frauenkreises der ehem. Hoheneckerinnen e.V.“ eine nach § 9 der Satzung mögliche „außerordentliche Mitgliederversammlung“ beantragt. Nachdem die durch den Austritt von Inge Naumann amtierende Vereinsvorsitzende Anita Goßler den Antrag trotz Konformität zur Satzung abgelehnt hatte, haben die Initiatorinnen beim zuständigen Amtsgericht in Darmstadt nach § 37 BGB die ersatzweise Anordnung beantragt. Mit einem Entscheid wird Mitte September gerechnet. Danach müssen die Antragsteller unter Verweis auf die gerichtliche Anordnung innerhalb von vierzehn Tagen nach Zustellung eine außerordentliche Mitgliederversammlung einberufen.
Die Antragstellerinnen haben dem Antrag eine Tagesordnung beigefügt, die u.a. die Wahl eines kompletten Vorstandes vorsieht. Nach der letzten Wahl im Mai diesen Jahres war es zu erheblichen vereinsinternen Auseinandersetzungen gekommen und das Wahlergebnis angezweifelt worden. Im Gefolge des Streites hatte die bisherige Vorsitzende den Verein verlassen. Durch diese Disharmonien kam die Vereinsarbeit nahezu zum Erliegen, zumal der (neue) Vorstand nicht vollständig gewählt werden konnte.
Regina Labahn, die im Auftrag der Frauen den Antrag in Darmstadt eingereicht hatte, erklärt dazu: „Wir wollen in dieser wichtigen Phase der Diskussion um eine Begegnungs- und Gedenkstätte in Hoheneck mit einem handlungsfähigen Vorstand die notwendige Mitsprache des Frauenkreises sichern. Außerdem wollen wir dadurch so schnell wie möglich die überflüssigen und abträglichen Auseinandersetzungen im Verein beenden und uns vereint wieder der notwendigen Arbeit zuwenden.“
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Spagat zwischen Himmel und Erde: Stolpert UOKG-Chef und Prediger über volksverhetzende religiöse Thesen?
Neustadt an der Weinstraße, 15.09.2012/cw – Rainer Wagner hat es wahrlich nicht leicht. Im Alltag steht er einem Dachverband mit über dreißig Vereinen vor und muß sich der von ihm als „sündhaft“ verstandenen Weltlichkeit widmen: Proteste für Diktatur-Opfer formulieren, Honneurs bei Politikern machen, die man eigentlich aus Überzeugung ablehnt und zwischen diversen (weltlichen) Ämtern jonglieren. Sonntags und – sofern nicht weltliche Termine dazwischen stehen – an manchen Wochentagen kommt er seinen beruflichen Pflichten als Prediger und Missionar nach. Und hier darf Rainer Wagner aus der Bibel zitieren, gegen Juden, Buddhisten und Moslems nach Herzenslust und -überzeugung predigen oder wettern. Ob die PRO-Deutschland-Bewegung ihm wegen diesen „klaren und unmissverständlichen Predigten und Aufsätzen“ zum Beispiel gegen den Islam bereits einen Aufnahmeantrag zugesandt hat, ist nicht bekannt. Wahrscheinlich würde der Prediger aus Rheinland-Pfalz diesen auch umgehend ablehnen. Denn der Prädikant der Stadtmission in Neustadt an der Weinstraße ist nebenberuflich auch Vorsitzender der „Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG)“, dem Dachverband der vormaligen Opfer der Kommunismus-Diktatur (dem auch der Frauenkreis ehem. Hoheneckerinnen angehört), durch die Mitgliedschaft des Bundes der Vertriebenen mit derzeit über zwei Millionen Mitgliedern. Und in diesem Amt weiß der Streiter Gottes, was er seinem weltlichen Amt schuldig ist: Er distanziert sich satzungskonform von radikalen und extremistischen Parteien und Gruppierungen, beteuert stets die Unvereinbarkeit derartiger Denk-, Äußerungs- und Handlungsweisen mit einer Mitgliedschaft in der UOKG.
Jetzt taucht der nicht kleine Verdacht auf, der Missionar würde säuberlich unterscheiden zwischen seinem Wirken von Montag bis Samstag als Dachverbands-Vorsitzender und seinem religiösen Auftrag am Sonntag im Gemeindesaal der Stadtmission. Dabei predigt er nicht nur Sonntags, sondern bringt auch seine Überzeugungen zu Papier, so im Stadt-Missions-Brief, der monatlich erscheint und auch im Internet veröffentlicht wird.

Neujahrsempfang 2010: Ahnungslose Begrüßung des religiösen Eiferers und stv. OMV-Vorsitzenden der CDU Rheinland-Pfalz im Schloss Bellevue – Foto: OMV
Grundgesetz sichert die Freiheit der Religion
Unser Grundgesetz sichert die Freiheit der Religion. Und was ein Priester, ein Pfarrer, ein Bischof, Kardinal oder Papst im Rahmen seiner christlichen Funktionen äußert, findet im Falle des Papstes sicherlich öffentliche Beachtung, wird aber grundsätzlich der religiösen Überzeugung zugeordnet. Doch selbst da gibt es Grenzen der tolerierten Wahrnehmung. Das hat schmerzlich der deutsche Papst anlässlich seines Besuches in Deutschland erfahren müssen, als seine Rede in Regensburg wegen der vorgetragenen Islam-Kritik für eisigen Wirbel sorgte. Benedikt XVI. interpretierte nachträglich, eine äußerst seltene Vorgehensweise vatikanischer Präsenz.
Auch der Prediger Rainer Wagber kann die Bibel nach seinen Überzeugungen auslegen oder seinen anbefohlenen Schäfchen nahe bringen, schlimmstenfalls oktroyieren. Das unterscheidet den politischen Einpeitscher vom religiös motivierten Pietisten. Anders sieht das aus, wenn ein Religionsvertreter – gleich welcher Provenienz – auch sogen. weltliche Funktionen ausübt. Hier kann, hier muß er sich Äußerungen vorhalten lassen, die ansonsten Niemanden außerhalb seines Gemeindesaales interessieren würden. Im jüngsten Missionsbrief der Stadtmission Neustadt an der Weinstraße (Sept.2012) formuliert der Prediger erneut drastisch:
„Finstere Kreaturen beherrschen die Welt. Die teuflische Dreieinigkeit aus Satan – als teuflischem Vater- dem Antichrist – als Sohn des Bösen – und dem falschen Propheten – als finsterem Geist – macht die Welt zu ihrem Hauptquartier. Die Menschheit läuft, vom falschen Propheten beeinflusst, dem satanischen Zeitgeist nach und verehrt mit Worten und Taten Satan und den Welttyrannen, den Antichrist.“
„Jude – ein Knecht Satans“
Wer oder was unter dem Antichristen zu verstehen ist, beschrieb der von der Evangelischen Kirche in der Pfalz ordinierte Religionspädagoge bereits im Gemeindebrief vom November 2006:
„… Wer die Aussagen des Korans über Allah mit dem Gott der Bibel vergleicht erkennt, das Allah nicht mit unserem Gott … identisch ist. Allah ist ein (arabisch) heidnischer Götze. Götzen aber sind nicht real, sondern Phantasieprodukte. Es gibt den Allah des Islam nicht wirklich. Allerdings stehen hinter diesem Phantasiegebilde die Mächte der Finsternis. Die Bibel zeigt, wer nicht zu Jesus gehört, Namenschrist, Jude, Heide oder Atheist, ist ein Knecht Satans und niemals heilig…“.
Diese Ausführungen hatten bereits vor Jahren internen Aufruhr im weltlichen Bereich verursacht; der größte Opferverband (VOS) hatte sogar auf Antrag seines jüdischen, inzwischen verstorbenen Mitgliedes Knut F. ein Ausschlussverfahren wegen „unerträglicher antisemitischer Äußerungen“ eingeleitet. Die seinerzeitige Berufung des religiösen Eiferers auf „rein theologische, auf Bibelzitate gestützte Äußerungen“ bewahrten ihn vor Schlimmerem, der Ausschluss scheiterte. Ein Gerichtsverfahren endete für den Prediger schmerzlich, seine Klage gegen ein SED-Opfer wegen dessen Prediger-Bezeichnung als „Ayatollah“ endete für den Missionar kostenpflichtig mit einem Urteil. Viele getreue Mitstreiter teilten seinerzeit die Empörung über die „schlimmen und haltlosen Verdächtigungen“ gegen einen anerkannten „Pfarrer der Evangelischen Kirche“. Und der so über die Kritik zunächst obsiegende UOKG-Vorsitzende sonnte sich im Ansehen einer Funktion in der angesehenen Evangelisch-Lutherischen Kirche in Deutschland, die ohne Zweifel außerhalb von Extremismen steht. Der Theologe aus Rheinland Pfalz wies bis heute in der UOKG nicht auf die „besondere Stellung und Funktion“ der Stadtmission in Neustadt mit ihrer pietistischen Ausrichtung hin. Erleichtert wurde und wird ihm dies durch den Umstand, dass es auch in Berlin eine bekannte „Stadtmission“ gibt, die tatsächlich ein Betrieb der Evangelischen Amtskirche (in Berlin) ist und sich vornehmlich mit deren Sozialprojekten befasst.
Wurden also die Äußerungen im Gemeindebrief von 2006 noch gutwillig als „religiöse Ausrutscher“ eingeordnet, so sind die nachfolgenden Äußerungen nicht geeignet, die seinerzeitige Einordnung weiterhin als solche zu tolerieren. Rainer Wagner, ein permanenter Wiederholungstäter?
„Götze Allah und sein falscher Prophet Mohammed“
Im Gemeindebrief vom November 2011 äußerte sich der evangelikale Prediger gleich zu mehreren Weltreligionen, die sich zu seinem Leidwesen in dem von der Stadtmission Neustadt betreuten Umfeld ausbreiten:
„Die in der Bibel angekündigten Zeichen des Endes der Welt werden in unseren Tagen immer deutlicher erkennbar. Klar ist aber auch, dass in dieser (End-)Zeit die gottlose Gesinnung der Menschheit und der Einfluss dämonischer Kräfte wachsen wird. Ein Beispiel dafür ist in unseren Tagen das Aufkommen des altkeltischen Geisterfestes Halloween Aber auch sonst ist unser Land von Aberglauben und Heidentum verseucht. Dazu kommt das öffentlich erkennbare Erstarken des Heidentums auch in unserer Region. In Lamprecht finden wir mittlerweile ein hinduistisches Heiligtum, in dem die indischen Dämonen – Götzen – verehrt werden. In Rhodt und anderen Orten kommen die Buddhisten zusammen.
Eine Religion, deren Hauptmerkmal Geisterkult ist. In Neustadt entsteht direkt am Ortseingang eine Moschee für den Götzen Allah und seinen falschen Propheten Mohammed. Dazu kommt die innere Gottlosigkeit in unserem Volk….Während das deutsche Volk langsam vergreist, werden Jahr für Jahr hunderttausende ungeborener Kinder in den Krankenhäusern getötet. Unzucht, Unehrlichkeit und Geldgier beherrschen nicht nur die Programme der Fernsehsender, sondern sind überall gegenwärtig. …“
Homosexuelle als Sünder zur Umkehr rufen

Zweideutig? Rainer Wagner mit Klaus Wowereit auf der UOKG-Festveranstaltung im Juni 2012 – Der Prediger aus Neustadt abwesend? Foto: Landesarchiv/Plato
Seit Jahren positioniert sich „der frühere Obmann der Ev. Notgemeinschaft und Stadtmissionsleiter“, wie Rainer Wagner in der Schrift „Erneuerung und Abwehr“ 2004 vorangekündigt wird, unzweideutig:
„Auf Bitten von Presbytern“ verfasste W. „folgende Stellungnahme zum Thema: Homosexualität aus biblischer Sicht“ des Oberkirchenrates Schad:
„Wenn unsere Kirche homosexuelle Lebensweise akzeptiert, macht sie sich an ihrem Auftrag, Sünder zur Umkehr zu rufen, schuldig. Gleichzeitig versündigt sich eine solche Kirche an den homosexuellen Menschen selbst, da sie ihnen die Botschaft der Umkehr schuldig bleibt.
Wenn unsere Kirche homosexuelle Lebensweise akzeptiert, macht sie sich an der inneren Einheit der Weltchristenheit schuldig. … Innerhalb der Evangelischen Kirche treiben die Befürworter der homosexuellen Lebensform ihre Kirche in die innere Spaltung. … Innerhalb der EKD treiben die Kirchen, die eine gottesdienstliche Begleitung homosexueller Partnerschaften befürworten, auch zum Bruch innerhalb der Evangelischen Kirche Deutschlands. … In seinen Lasterkatalogen setzt das NT (Neue Testament) homosexuelle Lebensgestaltung mit anderen Sünden gleich… – Rainer Wagner.“ (Erneuerung und Abwehr, 1/2004, Zeitschr. der Evang. Notgemeinschaft Deutschland.)
Obskure Besegnung
Ob religiöse Wahnvorstellungen, pietistische Ausrutscher oder verkannte tiefe Frömmigkeit (die in diesem Zusammenhang fast schon einer Beleidigung frommer Menschen gleich kommen dürfte), der Prediger mag damit jene beglücken, die im Gemeindesaal zu Neustadt dieser obskuren Besegnung bedürfen. Der Vorsitzende eines Dachverbandes von Opfer- und Verfolgten-Organisationen der SED-Diktatur beschädigt mit diesen Äußerungen die ernsthaften Anliegen der Mitgliedsverbände, so die Befürchtungen. Wer in dieser Form anerkannte Weltreligionen diffamiert, Juden (neben anderen) in Deutschland wieder als „Knechte Satans“ antisemitiert und Homosexualität für seine religiösen Attitüden missbraucht, darf sich in unserem Land nach Meinung von SED-Opfern nicht auf seinen Beruf oder gar die Freiheit der Religion berufen. Auch der Verweis auf seine UOKG-Erklärung, in der er sich gegen Diffamierungen des einstigen Pfarrers und Präsidentschaftskandidaten Joachim Gauck wegen dessen außerehelicher Freundin wandte, wird die Wort-Exzesse in seinem Hauptberuf kaum ausgleichen können, so die Kritiker. Diese Erklärung wirke unter dem Blickwinkel der jetzt diskutierten extremen Äußerungen doch zu sehr als Feigenblatt (des UOKG-Vorsitzenden) denn als Äußerung innerer Überzeugung (des Predigers).

Freizeitkonto: Vorkasse für Reisen an die Orte der Verkündigung – Ein Nachweis für fehlende, biblisch begründete Juden- und Islam-Phobie?
Volksverhetzende und religionsfeindliche Thesen
Die geschickte Einfügung von Zitaten aus der Bibel, mit denen diese verheerenden, weil volksverhetzend wirkenden und religionsfeindlichen Thesen untermauert werden, erinnert Beobachter der Szene an die verwerfliche Praxis von Extremisten, die gerne historische Zitate verwenden und betonen: „Das ist nicht von uns, wir zitieren nur!“ Der Missbrauch der Bibel könne den hauptberuflichen Prediger kaum vor einem Rücktritt als nebenberuflicher UOKG-Vorsitzender und den Rückzug auf die Kanzel in Neustadt schützen, meinen seine Kritiker.
Wie weit sich die Evangelische Kirche in Rheinland-Pfalz veranlasst sehen wird, eine deutliche Distanz zu erklären, wird man mit Interesse verfolgen. Auch die CDU des Landes, deren Landtagskandidat und führendes Mitglied (OMV) der rührige Prediger auch schon war bzw. ist, wird sich wohl erklären müssen. Ob sich im Ergebnis des unausweichlichen Procedere auch die Stiftungen Gedenkstätte Hohenschönhausen und Berliner Mauer, deren institutionellen Gremien Rainer Wagner ebenfalls angehört, von dem eifernden Endzeit-Prediger trennen werden, steht dahin, dürfte aber nach Meinung von Szene-Beobachtern nahezu unausweichlich sein, um Schaden von diesen renommierten Erinnerungsstätten an den roten Terror zu wenden. Die VOS wird wohl ein neuerliches Verfahren gegen den Extremisten prüfen müssen, falls dieser dem nicht durch seinen Austritt zuvor kommt.
Ob die zitierten „Verirrungen“ eines pietistischen Missionars den Bundespräsidenten veranlassen werden, das verliehene Bundesverdienstkreuz zurückzufordern, ist in diesem Zusammenhang mehr eine rhetorische Frage, die eher der Vollständigkeit möglicher Konsequenzen geschuldet ist.
Stellungnahme abgelehnt
Wir haben Rainer Wagner zwei Wochen vor der Veröffentlichung um eine Stellungnahme zu seinen religiösen Thesen, besonders gegenüber Juden und Muslimen gebeten und nach evtl. Konsequenzen befragt. Seine freundliche Antwort: Er sei zu keiner Stellungnahme bereit, verweise aber auf seine Reisen nach Israel und die erhaltenen „staatlichen Auszeichnungen.“ Der bibelfeste Reise-Organisator hatte durch das Tourismus-Ministerium und ein österreichisches Touristikunternehmen jeweils eine Urkunde für seine Verdienste um die Organisation von Reisen nach Israel bekommen.
Empörend, völlig indiskutabel
Der Verein „Gesicht zeigen – Für ein weltoffenes Deutschland e.V.“ in Berlin zeigte sich in einer ersten Stellungnahme (27.08.) gegenüber der Redaktion „empört“. Die (dem Verein vorgelegten) Zitate seien „völlig indiskutabel“.
Auch aus der Evangelischen Kirche kommen kritische Anmerkungen, so von Stadtjugendpfarrer Michael Kleim aus Gera (12.09): „Was da unter dem Deckmantel christlichen Glaubens verbreitet wird, ist nicht nur aggressiv und intolerant, sondern bereits Hasspredigt. Ich bin entsetzt!“
Anmerkung: Die von Rainer Wagner jeweils angegebenen Bibelstellen sind u.a. 1.Kor. 6,9.10 – 8,4 – 10,20; Eph.2,2; 2.Kor. 6,14; Mt 13,30; Joh. 8,44; Offb. 7,4 – 12,9 – 13 – 14 bis 15, 16 bis 18.
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Hoheneck Thema im Landtag
Dresden, 12.09.2012/cw – Der Landtag im Freistaat Sachsen hat am 12.September im zuständigen Ausschuß den Gesetzentwurf zur Novellierung des Gedenkstätten-stiftungsgesetzes beraten. Die im Landtag vertretenen Parteien hatten den Entwurf fraktionsübergreifend beschlossen und eingebracht. Erstmals ist in dem Gesetz auch das ehemalige Frauenzuchthaus Hoheneck aufgeführt. Das Gesetz soll noch im Herbst durch das Parlament verabschiedet werden.
Irritationen durch Siegfried Reiprich
Im Gegensatz zu dem Gesetzentwurf hatte der Geschäftsführer der Stiftung Sächsische Gedenkstätten gegenüber der Leipziger Volkszeitung („Damals und heute ein streitbarer Geist“, 17.08.2012) erläutert, dass die „Stiftung künftig um einige Einrichtungen erweitert“ werden soll, „beispielsweise um das ehemalige Gefängnis auf dem Kaßberg in Chemnitz.“ Hoheneck fand in Reiprichs Darstellungen keine Erwähnung, obwohl das Frauenzuchthaus im Gegensatz zum „Ausreisegefängnis“ Kaßberg im Gesetzentwurf erstmals angeführt wird.
Nun befürchten die Frauen von Hoheneck, abermals „auf kaltem Weg“ ausgegrenzt zu werden. Beunruhigt habe man die Aktivitäten um das Chemnitzer Gefängnis bemerkt, während zum Thema Hoheneck „Beruhigungs-Bon-Bons“ verteilt würden. Tatjana Sterneberg, ehemalige Hoheneckerin und Organisatorin des Bundespräsidentenbesuches im Mai letzten Jahres: „Wir haben mit Bedacht in unserem Konzept-Entwurf angeregt, Kaßberg in eine umfassende Lösung für Hoheneck einzubeziehen. Das Frauenzuchthaus hat die eindrucksvollere historische Vergangenheit und ist von der Anlage her geradezu prädestiniert, in dieser Symbiose die Führungsrolle zu übernehmen. Eine umgekehrte Konstellation wäre schon vom Ansatz her nicht hinnehmbar.“
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„Von Sprachlosigkeit befreien“ :
Wanderausstellung mit Bildern ehem. politischer Gefangener
Landkreis Prignitz, 14.09.2012/cw – Die Kreisverwaltung des Landkreises Prignitz lädt zur Eröffnung der Wanderausstellung „Von Sprachlosigkeit befreien“ am 18. September, 14:00 Uhr in den Räumen der Kreisverwaltung in der Bergstraße 1 in Perleberg ein.
In der Ankündigung heißt es dazu: „Noch 20 Jahre nach der Friedlichen Revolution fällt es politisch Verfolgten der SED-Diktatur schwer, über ihre seelischen Verletzungen zu sprechen. Die Ausstellung zeigt Arbeiten von Betroffenen, die in einer therapeutischen Malgruppe der Berliner Beratungsstelle „Gegenwind“ entstanden sind. Die Arbeiten zeigen eine individuelle Bild-Sprache, in der bedrängende Erinnerungen und bis heute bestehende Ängste, aber auch Hoffnungen Ausdruck finden.“ Auch ehem. Frauen von Hoheneck haben sich in der Gruppe auf diesem künstlerischen Weg geäußert.
Die Eröffnung wird durch satirische Lieder des einstigen politischen Häftlings Detlef Jablonski aus Berlin musikalisch begleitet: „Mit seinen Liedern gibt er seinen Erfahrungen Ausdruck und befreit sich von Sprachlosigkeit“, heißt es in der Mitteilung.
Die Ausstellung ist Bestandteil der Reihe „LAkD vor Ort“,Veranstaltungswoche der Landesbehörde zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur (LAkD) im Landkreis Prignitz.
Interessierte Bürgerinnen und Bürger sowie auch alle Redaktionen sind herzlich eingeladen!
Hinweis: Die bisherigen Ausgaben des Hohenecker Boten können unter www.17juni1953.de (>Förderverein) abgerufen oder direkt bei der Redaktion gegen Kostenbeitrag bestellt werden. Die Vereinigung hat uns einstweilen Gastrecht auf der Homepage eingeräumt.
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Unser Konto: 725004037 – BLZ: 870 540 00 Erzgebirgssparkasse
Fordern Sie einen Aufnahmeantrag an – Wir bedanken uns herzlich im Voraus!
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© 2012 Redaktion: Förderverein Begegnungs- und Gedenkstätte Hoheneck e.V.,
verantwortlich: C.W. Holzapfel, Kaiserdamm 9, 14057 Berlin
6 Kommentare
16. September 2012 um 09:19
Stefan Köhler
Eingangs stelle ich hier einen Link ein, der uns grundsätzlich etwas über Ethik, Moral und Werte aufklärt, die heute grundsätzlich vernachlässigt und mit Füßen getreten werden. Die Zeit der Aufklärung haben wir offensichtlich inzwischen alle vergessen und Lehren aus ihr in keinem Fall gezogen.
http://www.paulinerkirche.org/archiv/diktatur/index.html
Würde man Jesus heute als Terroristen umbringen lassen? Wurde er nicht sogar als „Terrorist“ gekreuzigt, obwohl er uns das Gebot der Nächstenliebe brachte?
http://www.bibel-online.net/buch/luther_1912/matthaeus/23/
Oder soll man die Bibel verbieten? Bücherverbrennungen und Haft für Andersdenkende kennen wir bereits aus jeder unmenschlichen Diktatur. Das Lied missbrauchter Macht erkennt jeder an dessen schiefen Tönen, an seiner Disharmonie, wenn er das will.
Die Bibel spricht uns in Bildern und Gleichnissen an, nichts anderes versuchen Prediger aller Religionen. Deshalb ist es unzulässig Zitate von Predigten aus ihrem vollen Zusammenhang zu reißen. Gerichte werten das offensichtlich realistischer und treffender, wenn sie objektiv bleiben.
Warum fliegt und fährt unser Papst im gefährlichsten Augenblick mitten in die Brennpunkte der Auseinandersetzungen? Er sucht den Dialog, um Annäherung und Versöhnung zu bewirken. Er hat die Zeichen der Zeit richtig erkannt. Ein inzwischen sehr alter Mann beweist Mut, großen intellektuellen Verstand und Weisheit. Diese Tugenden sollten auch in alle Veröffentlichungen unseres Landes einfließen.
Und nun noch ein Verweis zu den „falschen Propheten“, damit auch hier in dieser Diskussion mehr Sachkenntnis und weniger Verteufelung um sich greifen kann, der letztlich ein Mensch oder gar viele ausgesetzt sind.
http://www.bibel-online.net/buch/luther_1912/matthaeus/24/
Diese Internetseite ist noch nicht verboten worden. Man möge einfach an den unterschiedlichsten Gottesdiensten teilnehmen und einfach nur zuhören, das schult den Blick und fördert ein ausgeglichenes, ausgewogenes Verständnis, das auch richtige Einschätzungen nach sich ziehen kann.
Und hier noch ein Verweis zum gestrigen Wort zum Sonntag in der ARD:
http://www.daserste.de/information/wissen-kultur/wort-zum-sonntag/sendung/2012/ruck-schroeder-15092012-100.html
In diesem Sinne wünsche ich allen hier einen schönen und erholsamen Sonntag.
15. September 2012 um 15:18
Susanne Baumstark
Das Ausmaß der Empörung in diesem Artikel erschließt sich mir nicht. Es ist bekannt, dass Homosexualität in Kirchen – abgesehen in jenen der Alt-Katholiken – traditionell ein umstrittenes Thema ist. Das Verweisen auf die Bibel bezüglich der Charakterisierung anderer Religionsanhänger als „Knechte Satans“ finde ich ebenfalls problematisch. Ansonsten schließe ich mich der Bitte von Stefan K. an, man möge in diesem Strang aus den Vorträgen der Prediger anderer Religionen zitieren, um einen Vergleich ziehen zu können. Geradezu ärgerlich finde ich, dass auch hier diese abgelutschte Redewendung von Kirchgängern als „anbefohlene Schäfchen“ reproduziert wird. Abgesehen davon, dass der Autor damit eben jene Diffamierung betreibt, die er in seinem Artikel anprangert, wird deutlich, dass er sich offenbar noch nie mit gläubigen Menschen unterhalten hat. Ansonsten wüsste er, dass gerade diese unabhängige, kritische Geister sind, weil sie den Menschen nicht überhöhen. Jedenfalls dürfte jeder Person mit wachem Verstand klar sein, dass es heute sinnvoller ist, die eigene Spiritualität zu pflegen, als Zeitung zu lesen oder Fernzusehen.
15. September 2012 um 16:17
Vereinigung (AK) 17juni1953 e.V.
Verehrte Frau Baumstark,
zur Klarstellung: Der Autor war selbst über Jahrzehnte in der Kirche in verschiedenen Funktionen engagiert, dürfte sich also auf dem Themengebiet auskennen.
Verwundert bin ich über die blinde Übernahme (Verteidigung) archaischer Dialektik. Danach wäre also die Kritik (und strafrechtliche Verfolgung) am erzkatholischen Bischof Unrecht?
Noch einmal: Es geht hier nicht um die „Verfolgung“ biblisch (oder anders) begründeten Glaubens. Es geht einzig und allein um die Unvereinbarkeit von Intoleranz gegenüber anderen Religionen und Gruppen als Vorsitzender eines Dachverbandes, dessen Mitglieder einst selbst Opfer von Intoleranz und Hass geworden waren. Aktuell empfehle ich auch die Äußerungen des Papstes in Libanon:
«Eine plurale Gesellschaft gibt es nicht ohne gegenseitigen Respekt, nicht ohne den Wunsch, den anderen zu kennen, und den ständigen Dialog.» Es gehe darum, «Nein zur Rache zu sagen, eigene Fehler einzugestehen, ohne sie zu suchen, und schließlich zu vergeben». Ich bin Protestant und habe diesen Worten des Oberhauptes der Katholischen Kirche nichts hinzuzufügen.
Gerne kann ich Ihnen auch Äußerungen des kritisierten Bischofs übermitteln. Die Inhalte dieser religiösen Extremisten unterscheiden sich überhaupt nicht, obwohl sie verschiedenen Glaubensrichtungen (Katholisch bzw. Evangelikar) angehören.
Schlußendlich fände ich es äußerst prekär, wenn sich künftig politische Extremisten unbeschadet dieser Äußerungen bedienten (z.B. „Jude – Knecht Satans“ oder „Allah, das Fantasie-Produkt und Mohammed, sein falscher Prophet“), weil es am gesellschaftlichen Widerstand gegen derlei ungerechtfertigten und aufhetzenden Unsinn fehlt.
Wollen wir demnächst islamistische Ausschreitungen vor der ehemaligen Stasi-Zentrale (Sitz der UOKG) haben?
15. September 2012 um 20:27
Susanne Baumstark
Bitte lesen Sie meinen Kommentar nochmal in Ruhe durch. Weder habe ich „archaische Dialektik“ verteidigt – im Gegenteil, ich schrieb, dass ich dies ebenfalls problematisch finde – noch habe ich etwas zum kritisierten Bischof geschrieben. Im Übrigen ist meine Kritik bezüglich der „anbefohlenen Schäfchen“ durch Ihren Kommentar nicht entkräftet. Diese Redewendung geht nicht konform mit gegenseitigem Respekt, von dem Sie ja auch schreiben.
15. September 2012 um 22:30
Vereinigung (AK) 17juni1953 e.V.
Die „anbefohlenen Schäfchen“ beziehen sich auf den biblischen Hirten, der seine Schafe weidet, also eine in dem Zusammenhang zulässige Parabel. Mit Diffamierung hat das nichts zu tun.
14. September 2012 um 11:15
Stefan Köhler
Es lässt sich alles auch in unendliche Romane fassen. Fontane würde es wohl auch heute am besten treffen, ohne auch nur jemanden zu beleidigen. Er stammte von Hugenotten (tödlich verfolgten Protestanten Frankreichs) ab.
Dabei wäre es für die Befriedung der Menschen schon ausreichend, wenn man auf Verbrennungen jeglicher heiligen Schriften verzichten und gegenseitg Achtung bezeugen würde. Auch die vorgeblich aufgeklärte Welt muss es hinnehmen können, dass ein Großteil der Erdbevölkerung nicht nach ihrem Willen und ihren inzwischen eingerissenen Gewohnheiten leben möchte.
Die Römer gingen am Bauch und dem was drunter hängt zugrunde. Wir sind auch auf diesem Wege, wobei wir jegliches Leben unserer Erde vernichten könnten. Das ist jetzt keine Volksverhetzung, sondern ein historischer, aus meiner Sicht treffender Bezug und Vergleich. Der wird doch sogar bei uns noch straffrei bleiben müssen. Dazu kann sich jeder denken, was er will, denn es bleibet, von höchster Stelle besungen, dabei, dass die Gedanken sind frei.
Genießt eigentlich Kamerad Wagner die bei uns übliche und grundrechtlich gesicherte Religionsfreiheit, oder ist die für ihn eingeschränkt worden?
Man möge doch in diesem Strang aus den Vorträgen der Prediger anderer radikaler Religionen in Deutschland zitieren, damit durch den Normalbürger ein umfassender Vergleich zu den Predigten des UOKG-Vorsitzenden in seinen Gemeinden gezogen werden kann. Fatalerweise kennen wir nur Auszüge aus den Vorträgen des Angegriffenen, aber keine vollständige Predigt. Es fehlt schlicht der hinreichende Zusammenhang, aus dem diese Auszüge gerissen worden sind. Die Gerichte haben da wohl mehr hinterfragt und deshalb kein Fehlverhalten erkennen können.
Götzen sind auch keine Phantasieprodukte, sondern traurige und oft grauenvolle Realität, wie wir durch Herodes den IV., Nero, den Christenschlächter und Brandstifter Roms, Hitler, Stalin und viele andere erfahren haben.