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Berlin, 5.07.2012/cw – Mit einem Paukenschlag meldet sich der nach eigenen Angaben größte Opferverband der SED-Diktatur öffentlich zurück. In einer Pressemeldung des Bundesvorstandes, die gleichwohl von einer (neuen) Landesvorsitzenden verantwortet und mit der Datumsangabe 6.07. gleichsam in die Zukunft verlegt wird, aber am 4.07. bereits auf der Homepage der VOS eingestellt wurde, vermeldet der Verband gleichsam Revolutionäres, nämlich einen „Putsch von oben“, wie das so Mitglieder empfinden. Doch der Reihe nach:
Seit einigen Jahren sieht sich der (jeweilige) Bundesvorstand mehr oder weniger heftiger Kritik aus den eigenen Reihen ausgesetzt. Mit einer bisher nur von den unseligen Zentralkomitees untergegangener kommunistischer Staats- und Parteistrukturen bekannten Bunkermentalität wurde diese Kritik buchstäblich kremlisiert, Kritiker also diffamiert und mit Ausschlussverfahren überzogen. Erst wenn die Vorwürfe als Bumerangs den Bestand der Führungsmannschaft ernsthaft bedrohten, wurde die Reißleine gezogen. Letzter Absturz aus dem „ZK der VOS“: Ronald L., der als agiler Pressesprecher und VOS-Vize selbst eifrig an Diffamierungen gegen unbotsame Mitglieder strikte, bis er sich in den Maschen eigener Nadelkünste seiner ungeklärten bzw. widersprüchlichen Vita verfing.
Keine Ruhe im Hardenberg-Tower
Doch mit dem Rücktritt des zuletzt heftig umstrittenen Pressesprechers kehrte keine ersehnte Ruhe im Hardenberg-Tower am Zoologischen Garten ein. Der im April 2012 zum neuen Bundesvorsitzenden gekürte bisherige Stellvertreter, Geschäftsführer, Schatzmeister, ZDF-Verwaltungsrat und Auftragnehmer des Verbandes sah sich nicht nur der Fortführung von Kritik, sondern auch Nachfragen der Staatsanwaltschaft Berlin ausgesetzt. Die bislang nur im Stadium der Ermittlungen existierenden Vorwürfe haben es gleichwohl in sich: Veruntreuung, Abgabenbetrug, Steuerhinterziehung. Nach dem Rechtsstaatsprinzip gilt gleichwohl die Unschuldsvermutung. So konnte der Bundesvorstand nach der erstmals selbstfinanzierten Generalversammlung – Fördergelder waren aufgrund der kursierenden Vorwürfe vorerst gestrichen worden – zunächst zur Tagesordnung übergehen. Wäre da nicht ein Landesverband, der neue Kopfschmerzen verursachte.
Gegen den (nunmehr bisherigen) Landesvorsitzenden Dr. Frieder W. waren im Frühjahr Vorwürfe aus einem 1994 publizierten Buch („Theologiestudenten der Humboldt-Universität – Zwischen Hörsaal und Anklagebank“) in Umlauf geraten, durch seine Aussagen vor der DDR-Stasi seien Dritte belastet, verhaftet und zu hohen Freiheitsstrafen verurteilt worden. Auf der (seinerzeit noch stattgefundenen) Mitgliederversammlung im März 2012 war der Landesvorsitzende mit diesen Vorhalten konfrontiert worden und hatte diese indirekt eingeräumt: „Es gibt wohl Keinen hier im Raum, der der Stasi nichts erzählt hätte!“ Widerspruch sieht wohl anders aus, hört sich wohl anders an.
Nachdem auch auf der zitierten Generalversammlung im April kritische Anfragen auch zu Dr. Frieder W. im Keim erstickt worden waren, war über „Querelen im Landesverband (Berlin)“ nichts zu hören. Gleichwohl überrascht nun eine neue Landesvorsitzende Berlin-Brandenburg die Öffentlichkeit und wohl noch mehr die uninformierten Mitglieder der Gliederung genau mit dieser Begründung. Mit der Wahl eines neuen Vorstandes „soll zugleich ein Schlussstrich unter die Querelen der letzten Monate innerhalb des Landesverbandes gesetzt werden“.
Vom ZK einer Partei gesteuertes Wahlsystem
Eigentlich wäre man versucht, die VOS zur Wahl einer waschechten einstigen Bürgerrechtlerin zu beglückwünschen. Eigentlich. Denn die Umstände der Wahl entsprechen eigentlich nicht den Usancen einstiger Bürgerrechtler gegen ein willkürliches, vom ZK einer Partei gesteuertes Wahlsystem. Bisher wurde der Landesvorstand Berlin-Brandenburg immer von der sehr übersichtlichen Mitgliederversammlung gewählt, Delegierte ausschließlich für die jeweils bevorstehende Generalversammlung bestimmt. Nunmehr wurde an den Mitgliedern vorbei von einer „Delegiertenversammlung der VOS Berlin-Brandenburg“ ein neuer Vorstand gewählt. Da zur Generalversammlung nur zwei Delegierte gewählt wurden stellt sich die Frage nach der Größe und dem Umfang der behaupteten „Delegiertenversammlung“, die darüber hinaus auf Landesebene bisher nicht vorhanden, weil nicht gewählt worden war. Theoretisch stellt sich auch die Frage nach demokratischen Grundprinzipien: Nach Mitteilung der neuen Landesvorsitzenden und einstigen Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld wurden insgesamt vier Vorstandsmitglieder gewählt. Von zwei Delegierten oder was? Da mag es zur Randfrage gerieren, warum der erst im März von der Mitgliederversammlung zum Landesvorsitzenden gewählte Dr. Frieder W. nunmehr mit dem Posten des Kassenwartes abgespeist wurde? Eine Bereinigung von Querelen sieht eigentlich anders aus. Und: Die Vereins-Postille mit dem stolzen Namen „Freiheitsglocke“ hat bisher ein neues Mitglied „Vera Lengsfeld“ nicht trompetet, obwohl das “Trompeten“ derartiger Neuigkeiten ihr eigentlicher Auftrag zu sein scheint. Könnte ja auch sein, das Lengsfeld erst jetzt, also buchstäblich vor ihrer überraschenden Kür zur Landesvorsitzenden, einen Aufnahmeantrag gestellt hat. Und vielleicht ist ja das auch nur die Vorstufe zu Veränderungen im Bundesvorstand? Immerhin war die Bürgerrechtlerin im Vorfeld der letzten Generalversammlung als neue Bundesvorsitzende ins Gespräch gebracht worden…
Es ist schon seit einiger Zeit schwer, die Vorgänge in der VOS nachzuvollziehen. Ohne Hilfe von außen wird dies wohl noch schwerer werden. Wir sollten eine neue Ausschreibung ins Netz stellen: „Arbeitslose Kreml-Astrologen gesucht“.
V.i.S.d.P.: C.W.Holzapfel, Tel.: 030-30207785 oder 0176-48061953
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