You are currently browsing the monthly archive for Mai 2012.
Demo zum Besuch des Russischen Präsidenten
Berlin, 30.05.2012/cw – Die Regisseurin und Schriftstellerin Freya Klier, der Publizist Ekkehard Maaß und Tom Sello von der Robert-Havemann-Gesellschaft haben in einem gemeinsamen Appell alle Bürger aufgerufen, am kommenden Freitag (1.Juni) vor der Russischen Botschaft in Berlin (Unter den Linden) für die Freiheit der demokratische Opposition in Russland zu demonstrieren. Anlaß ist der Besuch des neuerlichen Präsidenten der Russischen Föderation Wladimir Putin in Berlin. Die Vereinigung 17. Juni schließt sich diesem Appell an.
Der Aufruf:
„Liebe Freunde der Demokratie,
am Freitag Mittag trifft Kreml-Chef Putin in Berlin ein, wo er mit militärischen Ehren empfangen wird. Das können wir nicht beeinflussen, wohl aber ein Zeichen setzen, dass wir die schwer unterdrückte demokratische Opposition Russlands unterstützen.
Wir haben vom Besuch leider sehr spät erfahren und müssen deshalb eine Blitzaktion starten: Am Freitag, dem 1.6. 12 versammeln wir uns mit dem übergreifenden Spruchband „ Freiheit für die demokratische Opposition in Russland“ von 13.00 – 14.00 Uhr gegenüber der russischen Botschaft auf dem Mittelstreifen „Unter den Linden“. „Wir“ – das sollten so viele Menschen wie möglich sein! ….
Überwindet also Eure Trägheit! Erinnert Euch an das offenbar ferne 20.Jahrhundert, als auch wir durch Unterstützer aus aller Welt ermutigt wurden… Kommet zuhauf! Mit Instrumenten, Kindern, Omas – und eigenen kleinen Plakaten… denn es gibt vieles in Russland einzufordern.
Verschickt diesen Aufruf über Euren gesamten Berliner Verteiler! Sprecht gezielt Journalisten an, auf dass sie unser Anliegen am Freitag nach Kräften unterstützen!
Freya Klier – Regisseurin/Schriftstellerin ( Writers-in-Prison – Beauftragte des dt. Exil-PEN ) Ekkehard Maaß – Publizist ( Deutsch-Kaukasische Gesellschaft)Tom Sello – Wissenschaftlicher Mitarbeiter (Robert-Havemann-Gesellschaft)“.
V.i.S.d.P.(für die Veröffentlichung auf dieser Seite): Vereinigung (AK) 17. Juni 1953 e.V. Copyright 2012: Die Unterzeichner
Berlin, 29.05.2012/cw – Blaues Auge, Rosa-Luxemburg-Konferenz, zweiter Teil: Heute marschierten im Zeugenstand beim Amtsgericht Moabit in der Berliner Turmstraße zahlreiche Zeugen auf. Sie sollten den vorsitzenden Richter Bröning dabei unterstützen, Licht in die Geschehnisse um Hiebe, Schläge und ein blaues Auge vor einem Jahr zu bringen. Gesine Lötzsch, zwischenzeitlich zurückgetretene Partei-Chefin von DIE LINKE, war auf die zündelnde Idee gekommen, für die Rosa-Luxemburg-Konferenz im Januar 2011 die Suche nach neuen Wegen zum Kommunismus auszurufen und wollte dies auch standesgemäß u.a. mit einer ehemaligen Terroristin der RAF im Kulturtempel URANIA, dem Tagungsort, diskutieren.
Das rief immerhin den Widerstand einiger Unentwegter hervor, die nach über 100 Millionen Toten durch Josef Stalin, Mao Zedong, Pol Pot und Co. keine Sehnsucht verspürten, neue Wege in den todbringenden roten Terrorismus zu suchen oder gar zu finden. Unabhängig und ohne Wissen voneinander meldete die Vereinigung 17. Juni, seit dem Volksaufstand von 1953 im Widerstand und Widerspruch zum Kommunismus gestählt und die neue Partei „Pro Berlin“ aus dem rechten politischen Spektrum bei der Polizei Gegendemos zu der Konferenz an. Die Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS) wollte da nicht nachstehen. Statt sich einer der angemeldeten Demonstrationen anzuschließen oder selbst eine anzumelden, kam der damalige VOS-Pressesprecher Ronald L. im Verbund mit der MdB a.D. und Bürgerrechtlerin Vera L. auf die Idee, nur einen Foto-Termin vor der URANIA „für die Presse“ zu organisieren. Dadurch konnte man auf die Mobilisierung von Mitgliedern verzichten und mit wenig Aufwand den Protest der ältesten und nach eigenen Angaben größten Verfolgten-Organisation wirksam publik machen. So weit, so gut.
Zwei Angriffswellen der AntiFa
Als man sich schließlich mit ca. 7 Personen aus dem VOS-Bereich am 8. Januar letzten Jahres gegen 16:20 Uhr (so übereinstimmend alle Zeugen) in der Nähe einer Bushaltestelle vor dem Konferenzort sammelte, um für das geplante Foto Aufstellung zu nehmen, stürzte „der Mob“ (Zeugin Edda Sch.) auf die friedlichen Demonstranten los, um auf diese einzuschlagen. Bürgerrechtlerin Vera L. sprach gar von „zwei Angriffswellen“ der AntiFa „von der URANIA“ aus. Jedenfalls wurde der „alte Mann“ (Zeugin Kerstin K.) und VOS-Funktionär Frieder W. niedergeschlagen und noch, „bereits am Boden liegend“ mit Füssen getreten. Mehrere der angetretenen Zeugen erlitten selbst Blessuren, aber „keine Dauerschäden“ (Zeuge Rainer B.). Edda Sch. zog sich beobachtend „zur Seite zurück“, Kerstin K. bemühte sich mutig um den am Boden liegenden Berliner Landesvorsitzenden der VOS, während der Zeuge Mario R. durch einen „Faustschlag auf die Nasenwurzel“ seine Brille verlor (was seine Sehkraft aber nicht sehr beeinträchtigte, da er diese Brille „eher aus modischen Gründen“ trage.)
Gerichtssaal mit Bundestag verwechselt
Trotz gewisser Übereinstimmungen (Verabredung Fototermin, Anwesenheit vor der URANIA, Schläge durch linke Gewalttäter) traten „nach eineinhalb Jahren“, wie mehrere Zeugen betonten, Erinnerungslücken auf, die durchaus nachvollziehbar waren. Einzig die Ex-Bundestagsabgeordnete mühte sich in ihrer fast eineinhalb Stunden andauernden Zeugenaussage um Plausibilität des Geschehens, ohne aber eigene Widersprüche akzeptieren zu wollen. Zum Ausgleich holte sie weitschweifig zu einer Philippika gegen die Vereinigung 17. Juni aus, die im Internet „nur Lügen verbreite“, „gar nicht während des Geschehens anwesend war“ und sich im Gegensatz zu ihr und der VOS mit den „Rechtsextremen von Pro Berlin“ verbündete, um mit „diesen Rechten gemeinsam“ zu demonstrieren. „Wer die Vereinigung 17. Juni zum Gegner hat, braucht keine AntiFa mehr“, so die Ex-Abgeordnete, die den Zeugenstand zeitweilig mit dem abhanden gekommenen Pult im Bundestags-Plenum zu verwechseln schien. Richter Bröning hatte sichtliche Mühe, die sich echauffierende Zeugin von ihrem politischen Ausflug zurückzuholen und auf sachbezogene Zeugenaussagen zu konzentrieren.
Während sinnigerweise eine „grüne“ Jacke gewissermaßen als Corpus delicti durch alle Zeugenvernehmungen geschleift wurde (einer der Schläger sollte diese zur Tatzeit getragen haben), konnte trotz des beherzten Auftritts der exaltierten einstigen Bürgerrechtlerin wenig Licht in das tatsächliche Geschehen gebracht werden. Zeuge Rainer B. weigerte sich nachvollziehbar, aufgrund eigener „schlimmer Erfahrungen in der DDR“ die Angeklagten zu beschuldigen, wenn er „nicht wisse, ob diese tatsächlich vor Ort waren“. Als Tatsache bleibt auch nach dem zweiten Verhandlungstag festzuhalten, dass Nebenkläger Frieder W. zweifelsfrei niedergeschlagen und wegen eines Faustschlages auf ein Auge in einem Krankenhaus behandelt werden mußte. Zeuge Mario R. weigerte sich hingegen, ein Angebot auf Untersuchung in einem Krankenhaus anzunehmen, er habe „schlimmste Erfahrungen mit Ärzten in der erlittenen Haft gehabt“.
Glucksend und grinsend Zeugenaussagen verfolgt
Und das scheint die Crux in diesem Verfahren zu sein: Das Verbrechen eines Überfalls auf friedliche Demonstranten durch linke, zumal gewaltbereite Chaoten steht unwidersprochen fest, ebenso die dadurch erlittenen Blessuren und Körperschäden unterschiedlichster Schwere bei mehreren der überfallenen Personen. Ob den zwei Angeklagten aber die Tat nachzuweisen sein wird oder diese daran beteiligt gewesen waren, wird rechtlich kaum einwandfrei zu beurteilen sein. Frieder W., Mario R. und Kerstin K. sprachen gar von „wiedererweckten Traumata“. Wer um die fürchterlichen Haftbedingungen in der zweiten Diktatur weiß, kann dies nachvollziehen, unabhängig von möglich erscheinenden mentalen „Unterstreichungen“ der Tatabläufe vor einem Jahr.
Die im Zuhörerraum wieder zahlreich vertretenen Gesinnungsgenossen der Angeklagten schienen diese Erinnerungen an beweisbare Segnungen des Kommunismus nicht sonderlich zu bewegen. Glucksend und breit grinsend verfolgten sie die Zeugenaussagen, wobei ihnen Vera L. bei allem Ernst dafür leider auch Gelegenheit bot. Die aufgekommene Sicherheit, dass die bisherigen Aussagen wohl kaum zu einer überzeugenden Verurteilung der hier sitzenden Angeklagten ausreichen würden, mag diese Polit-Hasardeure beflügeln, für die brutale Gewalt gegen friedliche Menschen zum Potential politischer Auseinandersetzungen zu gehören scheint (solange diese Gewalt sich gegen Rechts richtet und von Links kommt). Die erneuten Opfer von Gewalt bleiben unter diesem kaum verhohlenen höhnischen Gelächter, mühsam verborgen hinter breitem Grinsen, wiederholt auf der Strecke.
Sie, die einstigen Opfer der zweiten Diktatur, haben noch einen langen Weg in den einst ersehnten Rechtsstaat vor sich, von dem sie sich einst „Gerechtigkeit“ erhofften, wie es die unvergessene Bärbel Bohley formulierte und der ihnen nur das Recht vermitteln kann. Und selbst das nicht garantiert, sondern unter dem Vorbehalt menschlichen Irrtums.
Die nächste (und dritte) Verhandlung wurde auf den 12.06. angesetzt, Beginn 10:00 Uhr, im selben Saal 371. Dann soll neben seinerzeit eingesetzten Polizeibeamten auch der Spiritus rector des „Foto-Termins“ und ehemalige VOS-Bundesvize Ronald L. aussagen.
V.i.S.d.P.: Vereinigung (AK) 17. Juni 1953 e.V., Berlin, Tel.: 030-30207785 oder 0176-48061953
Termine in Berlin, Strausberg und anderswo zum 59. Jahrestag des Volksaufstandes vom 17. Juni 1953
Berlin, 27.05.2012/cw -Nachfolgend geben wir die uns bekannten, gemeldeten oder von der Vereinigung selbst geplanten Termine zum 59. Jahrestag bekannt.
14.06.2012, 15:00 Uhr: Kreuze am Reichstag: Enthüllung Gedenkkreuz „Den Helden des 17. Juni 1953“ mit Kranzniederlegung (Vereinigung (AK) 17. Juni 1953 e.V.)
Der Thüringer Landtag eröffnet die Wanderausstellung „Der Schrei nach Freiheit Der 17. Juni 1953 in Thüringen„. Bis zum 30 Juni können sich insbesondere auch Schulklassen die Mischung aus Text und Zeitdokumenten anschauen.
16.06.2012, 14:00 Uhr: Strausberg, Tor zur Kaserne: Kranzniederlegung am Gedenkstein (Vereinigung (AK) 17. Juni 1953 e.V.)
14:00 Uhr: Eisleben, Gedenktafel für die Opfer des Stalinismus, Sangerhäuser Straße, Erinnerung an Kurt Arndt, Opfer des 17. Juni 1953. Teilnehmer: Die Söhne von Arndt und Johannes Rink, Landesvorsitzender des Bundes der Stalinistisch Verfolgten (BSV), Magdeburg. (Quelle: mz-web.de „Auf der Flucht erschossen“ 09.06.2012)
18:00 Uhr: Holzkreuz in Zehlendorf (Einziges originäres Denkmal an den Volksaufstand in Deutschland): Gedenkfeier, Kranzniederlegung (Vereinigung (AK) 17. Juni 1953 e.V.)
17.06.2012, 09:00 Uhr: Gedenkstein am Steinplatz (Hardenbergstraße): Gedenkfeier , Kranzniederlegung (Vereinigung der Opfer des Stalinismus –VOS-, BezA. Charlottenburg-Wilmersdorf. Hinweis: Auf Initiative der Vereinigung 17. Juni werden seit einigen Jahren im Anschluss auch die Opfer der NS-Diktatur am dortigen Gedenkstein geehrt.
10:00 Uhr: Bundesfinanzministerium: Kranzniederlegung Regierender Bürgermeister von Berlin, Vereinigung (AK) 17. Juni 1953 e.V.
10:00 Uhr: Stadt Strausberg: Kranzniederlegung am Gedenkstein (Einfahrt Kaserne), Bürgermeisterin und Stadtverordnetenversammlung Strausberg
10:30 Uhr: Stadt Selb: Kranzniederlegung auf dem Goldberg.
10:30 Uhr: Stadt Gera, Trinitatiskirche, Gedenkgottesdienst an den Volksaufstand
16:30 Uhr: Gera-Frankenthal, Gedenkgottesdienst
11:00 Uhr: CDU-Gemeindeverband Rothenburg/Hähnichen: Gedenkveranstaltung Gedenktafel Ecke Bahnhofstraße/Schmiedegasse in Rothenburg . Als Gäste werden CDU-Landtagsabgeordneten Lothar Bienst und die Rothenburger Bürgermeisterin Heike Böhm (SPD) erwartet.
11:00 Uhr: Staatsakt Friedhof Seestraße: Bundesregierung, Senat, Vereinigung (AK). 17. Juni 1953 e.V.
11:45 Uhr: Friedhof Seestraße: Ehrung der verstorbenen Mitglieder (10. Todestag Manfred Plöckinger, ehem. Vorsitzender Vereinigung 17. Juni 1953 e.V.)
13:00 Uhr: 20 Jahre Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG): Empfang im Roten Rathaus (Reg.Bürgermeister)
17:00 Uhr: Leipzig – Straße des 17. Juni 2, Gedenkfeier mit Kranzniederlegung. Es spricht der Sächsische Landesbeauftragte und Lyriker Lutz Rathenow. Veranstalter: Museum Runde Ecke, VOS Leipzig u.a. Opferverbände
Änderungen vorbehalten. Besucher der Seite werden gebeten, die Termine entsprechend in ihren Foren und Medien bekannt zu geben.
V.i.S.d.P.: Vereinigung (AK) 17. Juni 1953 e.V., Berlin, Tel.: 030-30207785 – Fax: 86 oder 0176-48061953
Potsdam, 25.05.2012/cw – Gegen die bekannt gewordene Mitarbeit eines weiteren IM in der Enquete-Kommission des Brandenburger Landtages haben heute einstige Stasi-Opfer Protest eingelegt. Tatjana Sterneberg, Vorsitzende des Fördervereins Begegnungs- und Gedenkstätte Hoheneck, übergab kurz nach Beginn der heutigen Kommissions-Sitzung zwei Protestschreiben von Aufarbeitungs-Vereinen an die Vorsitzende Susanne Melior (SPD) und verteilte anschließend Kopien an die Presse und Mitglieder der Enquete-Runde. Dieses Vorgehen führte zu einer kurzen Unterbrechung der Sitzung, weil eine Mitarbeiterin des Landtages der ehemaligen Insassin des DDR-Frauenzuchthauses Hoheneck die Verteilung untersagen wollte: „Hier hat auch schon die NPD versucht, Blätter zu verteilen“. Empört verwahrte sich Sterneberg gegen „diese Gleichsetzung“, für die sich auch anschließend ein enger Mitarbeiter der Kommissions-Vorsitzenden ausdrücklich bei Sterneberg entschuldigte.
SED-Opfer „Staffage ohne Wert“
In dem Protestschreiben des Fördervereins und der Vereinigung 17. Juni an die Vorsitzende und die Mitglieder der Kommission betonen die Vorstände, die Mitarbeit* des einstigen IM der Stasi, Dr. Thomas Falkner (DIE LINKE) in der Enquete sei „eine Ohrfeige in das Gesicht der Opfer“, wie der BStU-Chef Roland Jahn ausdrücklich zitiert wird. „Wir sehen uns nicht mehr in der Lage, Ihre Sitzungen als offensichtliche <Staffage ohne Wert> zu verfolgen und werden diese zukünftig solange torpedieren, bis eine Stasi-freie Zusammensetzung Ihres Gremiums gewährleistet ist“, kündigen beide Vorstände an und fordern abschließend „die Damen und Herren in der Kommission auf, sich diesem Protest in geeigneter Weise anzuschließen“. Sterneberg und die Vereinigung 17. Juni hatten an den vorausgegangenen Sitzungen der Enquete fast ausnahmslos als Zuhörer teilgenommen.
* Durch einen Übertragungsfehler ist Dr. Falkner in den Schreiben als „Mitglied“ der Kommission benannt worden, er war/ist „Mitarbeiter“ auf Seiten der in der Kommission vertretenen Partei DIE LINKE.
V.i.S.d.P.: Vereinigung (AK) 17. Juni 1953 e.V.
und
Förderverein Begegnungs- und Gedenkstätte Hoheneck e.V.,
Tel.: 0176-48061953 und 030-30207778
Köln/Dresden, 23.05.2012/cw – In ihre Wiege war dieser Tag nicht gelegt. Am 23. Mai 1949 wurde nach dem Untergang des Dritten Reiches und dem Ende eines in seinen Dimensionen nie gekannten Weltkrieges das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verabschiedet und damit die Grundlage für das heutige demokratische Deutschland geschaffen.
Als Ellen Thiemann 1937 in Dresden geboren wurde, lag der Untergang der ersten deutschen Demokratie durch die sogen. Machtergreifung gerade einmal vier Jahre zurück und das Ende des Hitler-Reiches noch acht Jahre in der Zukunft.
Nun feiert die bekannte Buchautorin am Verfassungstag ihren 75. Geburtstag. Zur Feier in der Geburtsstadt fährt die in Köln wohnende ehemalige Redakteurin in das einstige Elbe-Florenz, um dort mit engen Freunden anzustoßen.
Grund zur Freude hatte Thiemann nicht immer im Leben. Neben den schlimmen Kriegsjahren, die ihre Kindheit prägten, wuchs sie im sowjetisch beherrschten Teil Deutschlands, der späteren DDR, auf. Als sie schließlich dem sozialistischen Staat den Rücken kehren wollte, wurde sie am 29. Dezember 1972 am Grenzübergang Chausseestraße/Invalidenstraße in Berlin von Grenzsoldaten verhaftet, nachdem zunächst ihr Sohn in einem Auto flüchten sollte.
Geleitwort von Joachim Gauck
Es konnte nur Verrat im Spiel gewesen sein, aber Thiemann erfuhr erst Jahre später die wahren Hintergründe. Zunächst übernahm sie alle Schuld, um ihrem Sohn eine Verfolgung zu ersparen und ihm einen Aufenthalt beim Vater zu sichern. Die heutige Jubilarin wurde am 22. Mai 1973 zu drei Jahren und fünf Monaten Zuchthaus verurteilt und in das berüchtigte Frauenzuchthaus Hoheneck in Sachsen verbracht. Nach ihrer Entlassung im Mai 1975 und der Scheidung von ihrem Mann, der während ihrer Haft ohne Rücksicht auf den Sohn eine andere Frau in die gemeinsame Wohnung geholt hatte, konnte sie schließlich durch Vermittlung ihres Anwaltes Wolfgang Vogel eine Woche vor Weihnachten, am 19. Dezember des gleichen Jahres die DDR endgültig verlassen. Erst nach der Wiedervereinigung entdeckte sie den Verantwortlichen für den Verrat und ihre Verhaftung: Es war der eigene Mann, ein in der DDR bekannter Sportjournalist, der sich dem Ministerium für Staatssicherheit angedient hatte. Thiemann schrieb sich diese traumatische Erfahrung in ihrem zweiten Buch „Der Feind an meiner Seite“ (2005, mit einem Geleitwort des jetzigen Bundespräsidenten Joachim Gauck) von der Seele, nachdem sie bereits 1984 einen ersten Band über die erlittene Haftzeit in Hoheneck veröffentlicht hatte („Stell Dich mit den Schergen gut“).
Im Westen baute sich die energische Frau buchstäblich ein neues Leben auf und wurde schließlich leitende Redakteurin beim Kölner Expresse, dem rheinischen Boulevardblatt. Die Journalistin fühlte sich angekommen und angenommen und führte in ihrer Laufbahn Interviews mit berühmten Zeitgenossen, wie Hans-Dietrich Genscher. Nach der Wende 1989 wurden ihre Reportagen zum Beispiel über das ehemalige Frauenzuchthaus Hoheneck und Protagonisten der Einheit Deutschlands legendär.
Am 7.11.2011 wurde Ellen Thiemann durch die Ministerpräsidentin Hannelore Kraft für ihr Engagement und schriftstellerische Leistung der Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen verliehen. Zeit zum Ausruhen hat die Wahl-Kölnerin hingegen nicht. Gegenwärtig arbeitet sie an einem weiteren Buch, über den Inhalt verrät sie vorab natürlich nichts.
Neben dem Frauenkreis der ehemaligen Hoheneckerinnen, dem Verein gehört Ellen Thiemann seit vielen Jahren an, der Gedenkstätte Hohenschönhausen, vielen Einrichtungen und weiteren Verfolgten-Verbänden gratuliert an dieser Stelle auch die Vereinigung 17. Juni 1953 in Berlin herzlich einer „engagierten, mutigen und beispielgebenden Frau, die sich durch das Schicksal nicht besiegen ließ sondern im Gegenteil das Schicksal besiegt hat“, wie es in einem übermittelten Grußwort heißt. Wir sind uns sicher, daß es nicht bei diesen Glückwünschen bleibt und wünschen Ellen Thiemann auch aus der Redaktion dieser Homepage und des „Hohenecker Boten“, dem Mitteilungsblatt des Fördervereins Begegnungs- und Gedenkstätte Hoheneck e.V. noch viele schaffensreiche Jahre und ein wenig Ruhe in einer unruhigen Zeit.
V.i.S.d.P.: Carl-Wolfgang Holzapfel, Berlin, Tel.: 030-30207785
Letzte Kommentare