Berlin/Zarrentin, 29.04.2012/cw – Der ursprüngliche Name der einstigen slawischen Siedlung „Zearnethin“ (11. Jahrhundert) könnte übersetzt heißen „Ort des Bösen“ oder „Ort des Schwarzen“. Die heutige in Mecklenburg-Vorpommern liegende Stadt am Schaalsee an der Grenze zu Schleswig-Holstein hat eine Geschichte, die durchaus der ursprünglichen Namensbedeutung nahe kommt. So sollen in einem nahe gelegenen Industriegebiet in Bunker-ähnlichen Anlagen bereits im einstigen NS-Staat geheime Forschungen zur Gewinnung von Öl aus Naturstoffen stattgefunden haben.
1938 wurde zu diesem Zweck von der Wirtschaftlichen Forschungsgesellschaft mbH (Wifo) ein Versuchs- und Reservelager nach Zarrentin verlegt. Noch heute sind die Überreste dieser Bunkeranlage im Wald zwischen Zarrentin und Bantin zu sehen. Später, nach dem Krieg, besetzten zunächst die Amerikaner diese Anlagen und Zarrentin. Sie wurden nach der Aufteilung der Besatzungszonen durch sowjetische Besatzung abgelöst. Zu Zeiten der DDR wurden in dem Gelände Kabelrollen fabriziert oder verarbeitet. Westdeutsche Firmen sollen noch vor der Wende tausende Kabel geliefert haben, mittels der die maroden Elektroleitungen an der innerdeutschen Grenze erneuert werden sollten. Tausende verwitterte Kabelrollen im entstandenen Wildwuchs zeugen von dieser Zeit. Doch davon später.
NS-Verwaltung und Stasi-Ausbildung
Im zu DDR-Zeiten streng abgeriegelten Ortsteil Bernstorff soll ein Arbeitslager für unliebsame Personen unterhalten worden sein, ein ebenfalls nicht aufgearbeitetes Kapitel aus dem einstigen „Arbeiter- und Bauernstaat“. Mit dem Namen Bernstorff verbindet sich aber auch ein anderes Kapitel deutscher NS- und DDR-Geschichte. Nach der Verhaftung des NS-Gegners Albrecht Theodor Andreas Graf von Bernstorff (*1890 / + 1945) und Mitglieds des Widerstandes um den 20.Juli 1944 (Hitler-Attentat) stand der Familiensitz Sintenburg (Zarrentin) unter der NS-Verwaltung.
Nach dem Krieg gelangte die Insel und der Sitz, der sich direkt an der späteren Zonen- bzw. Staatsgrenze befand, in den Besitz der DDR, die das Anwesen später für das MfS (Ministerium für Staatssicherheit) nutzte, um dort nicht nur Personal zur Ermordung unliebsamer Personen, sondern auch Mitglieder der RAF (Rote Armee-Fraktion) zu trainieren. Nach der Wende erhielt die Familie die Insel samt Familiensitz zurück, da die Enteignung bereits durch die Nationalsozialisten erfolgt war.
NS-Symbole und Volksverhetzung nicht hinnehmbar
Eine wahrhaft geschichtsträchtige Gegend also, wo man erstaunt ist, darüber öffentlich so gut wie keine Hinweise zu finden. Umso erschütterter nimmt der auf Spurensuche befindliche Zeitgenosse „Bemalungen“ an den Wänden der eingangs zitierten Bunkeranlagen und einstigen Kabelproduktion wahr, die so im Jahre 2012 weder entstehen noch offensichtlich über einen langen Zeitraum unbemerkt bleiben dürften: Hakenkreuze und der Schriftzug „Gas-Dusche und „Jude“ spreizen sich dem ahnungslosen Besucher provokativ in Hirn und Herz.
Wer bringt hier in der Abgeschiedenheit eines offenbar im Dornröschenschlaf liegenden historischen Geländes derartige widerwärtige Zeichen und Schriften an? Hat die Stadt Zarrentin am wunderschönen Schaalsee gar ein – verdecktes – Problem mit braunen Neo-Szenen, die ein als unbeobachtet geglaubtes Gelände für ihre menschenverachtende und rückwärtsgewandte Sprache und womöglich „Spiele“ missbraucht?
Ungeachtet, ob sich hier einmal der Verfassungsschutz oder nur die Kriminalpolizei umsehen sollte, bleibt es nicht hinnehmbar, dass derartige Symbole und Schriftzüge eines verbrecherischen Systems den Zeitwert zwischen Schmiertermin und Beseitigung dieser rassistischen Volksverhetzung überschreitet.
Graf Bernstorff ein Glanzlicht für „Ort des Bösen“
Graf Bernstorff hatte seit Beginn der Juden-Verfolgung zahlreichen Juden Hilfestellung gegeben, sie vor deren Schergen geschützt. Ein Glanzlicht für einen „Ort des Schwarzen und des Bösen“. Die Stadt Zarrentin täte gut daran, sich der daraus entstandenen Verpflichtung bewusst zu sein und das historische Erbe aktiv anzugehen: Durch die Aufarbeitung der NS- und DDR-Vergangenheit vor Ort, die umgehende Beseitigung genannter Schmierereien samt strafrechtlicher Verfolgung ihrer Urheber und die (ausstehende und dennoch zwingende) Erinnerung an das Wirken von Menschen wie Albrecht Theodor Andreas Graf von Bernstorff.
V.i.S.d.P.: Vereinigung (AK) 17. Juni 1953 e.V., Berlin, Tel.: 030-30207785 0der 0176-48061953
3 Kommentare
6. Oktober 2012 um 20:53
Christoph Hölker
Die HITLER-DIKTATUR von 1933 bis 1945 in Deutschland WAR AUCH AUS MEINER SICHT eine BRUTALE und MENSCHENVERACHTENDE Gewaltherrschaft. FÜR UNS DEUTSCHE ist und bleibt DER HOLOCAUST bzw. DIE SCHOA (verbunden mit dem Namen AUSCHWITZ) EINE NATIONALE SCHANDE !!!!! Und mit DIESER Nationalen Schande MÜSSEN WIR Deutschen LEBEN und auch VERANTWORTUNGSBEWUSST und SENSIBEL damit umgehen. WIR DEUTSCHEN haben EINE BLEIBENDE VERANTWORTUNG.
4. Februar 2013 um 20:14
Christoph Hölker
Ich PERSÖNLICH habe ABER DAMIT NICHTS zutun. Denn ich bin vom Jahrgang 1960 und habe somit DAMALS (zu DIESER Zeit: 1933 – 1945) noch GARNICHT GELEBT. Aber ICH bin EIN DEUTSCHER und muß ALS DEUTSCHER nun einmal mit DIESEM geschichtlichen Erbe UNSERER DEUTSCHEN NATION bzw. UNSERES DEUTSCHEN VOLKES leben. Ob mir das nun gefällt oder nicht: Es ist nun einmal SO, wie es ist. Christoph Hölker
4. Februar 2013 um 20:27
Christoph Hölker
ERGÄNZUNG: Ich möchte aber hier noch KLARSTELLEN bzw. FESTSTELLEN, daß UNSERE DEUTSCHE Geschichte NICHT NUR aus 12 Jahren HITLER-DIKTATUR besteht. Es gibt auch noch ANDERE Zeitabschnitte DER DEUTSCHEN GESCHICHTE, zum Beispiel die Befreiungskriege 1813/14 und dann die Zeit von 1815 (WIENER KONGRESS).bis zur ERSTEN GESAMTDEUTSCHEN Nationalversammlung bzw. bis zum ERSTEN GESAMTDEUTSCHEN Vorparlament in der PAULSKIRCHE ZU FRANKFURT AM MAIN(1848/49 / Präsident: HEINRICH von GAGERN). Aus DIESER GESAMTEN Zeit stammen nämlich UNSERE DEUTSCHEN Nationalfarben SCHWARZ-ROT-GOLD (als DEUTSCHE FREIHEITS-Farben und als ALTE Farben der DEUTSCHEN EINHEIT). Ich sage: NIE WIEDER KRIEG und NIE WIEDER DIKTATUR !!!!! Wir wollen (In Deutschland und darüber hinaus in Europa) JETZT und in ZUKUNFT in FRIEDEN und in FREIHEIT leben !!!!! Christoph Hölker