Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Stiftungs-Geschäftsführer
Berlin, 10.04.2012/cw – Tatjana Sterneberg, ehemalige Hoheneckerin und Vorsitzende des Fördervereins „Begegnungs- und Gedenkstätte Hoheneck“ ist empört. Durch die aktive Einmischung des Geschäftsführers der Stiftung Sächsische Gedenkstätten in die Verbands- und Vereinsarbeit blieb dem Förderverein die beantragte Aufnahme in die Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG) verwehrt. Siegfried Reiprich hatte von dem Aufnahmeantrag erfahren und einen Brief an die UOKG geschrieben, in dem er sich gegen eine Aufnahme des Fördervereins aussprach. Durchaus pikant: Reiprich untersagte dem UOKG-Vorsitzenden ausdrücklich, diesen Brief oder gar dessen Inhalt dem Förderverein zur Kenntnis zu bringen.
Reiprich torpediert UOKG-Aufnahme
Weisungsgemäß hatte UOKG-Chef Rainer Wagner den Brief in Abwesenheit der Antragstellerin verlesen und damit, wie Sterneberg nun anmerkt, „vermutlich die beantragte Aufnahme negativ beeinflusst“. Denn die Vorsitzende hatte nach der Versammlung von Teilnehmern Bruchstücke aus den Formulierungen des Reiprich-Briefes erfahren, die, „wenn sie denn so geschrieben und vorgetragen wurden, den Tatbestand der Verleumdung erfüllen“, sagte Sterneberg heute in Berlin. Nachdem sich Reiprich auf Nachfrage weigerte, den Wortlaut des Briefes zu übermitteln und sich UOKG-Chef Wagner durch den Ukas von Reiprich ebenfalls gehindert sah, blieb dem Verein laut Erklärung des Vorstandes von heute keine andere Möglichkeit, als gegen den Geschäftsführer der Stiftung eine Dienstaufsichtsbeschwerde bei der zuständigen Ministerin in Dresden einzureichen. Der Vorwurf: Siegfried Reiprich würde die ihm übertragenen Kompetenzen, wonach sich die Stiftung um die Zusammenarbeit mit Vereinen und Gedenk-Initiativen bemühen soll, deutlich überschreiten.
So habe der Geschäftsführer bereits im Januar massiv in die vereinsinternen Strukturen eingegriffen und von Mitgliedern in Stollberg/Hoheneck ultimativ den Ausschluss der Vorsitzenden und eines weiteren Vorstandsmitgliedes gefordert. „Anderenfalls“, so wurde Reiprich zitiert, „könne die Stiftung keine Förderungen vornehmen“. Die Vereinsmitglieder sahen im sofortigen Austritt aus dem Förderverein die einzige Möglichkeit, dieser ultimativen Forderung nicht nachkommen zu müssen. Sie wollten gegen die Initiatoren einer Begegnungs- und Gedenkstätte nicht vorgehen. Reiprich hätte allerdings mit seinem Ultimatum die bereits fest geplante Übergabe „der Verantwortung für den Verein an Bürger in Stollberg“ torpediert, da diese nun dem Verein vorerst abhanden gekommen wären. Sterneberg: „Der Förderverein sollte von der Planung her schnellstens in die Hände Stollberger Bürger gelegt werden, da nur ein engagiertes Bürger-Engagement in Stollberg und die dortigen Institutionen die gemeinsame Aufgabe einer Begegnungs- und Gedenkstätte schultern können“. Da der historisch gewachsene Verein „Frauenkreis der ehemaligen Hoheneckerinnen“, dem auch Sterneberg angehört, in ganz Deutschland verstreut ist, „braucht es die engagierte Förderung der Anliegen des Frauenkreises vor Ort“.
Mitte April weiterer Förderverein
Das sieht wohl auch der rührige Geschäftsführer so. Jedenfalls liegen Informationen vor, Siegfried Reiprich „betreibe und unterstütze aktiv die Gründung eines weiteren Fördervereins“, der Mitte April feierlich aus der Taufe gehoben werden soll. Allerdings sähe die Fördervereinsvorsitzende auch darin eine unzulässige Einmischung in ein notwendiges Bürgerengagement. Tatjana Sterneberg will nicht verstehen, warum ausgerechnet der Geschäftsführer erneute Unruhe in die Stiftung bringen will, nachdem diese gerade „Jahre voll unerfreulichen Auseinandersetzungen erfolgreich hinter sich gebracht hat“ und meint, Siegfried Reiprich sollte sich „schnellstens wieder seinen ureigenen Aufgaben zuwenden und Vereinen und Initiativen in ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit beratend und aktiv zur Seite stehen, statt diese von oben herab zu bekämpfen, weil dem Geschäftsführer offensichtlich einige Nasen nicht in ein selbstgestricktes Konzept passen.“ Das mochte ja zu SED- und FDJ-Zeiten ein üblicher Umgang von oben nach unten gewesen sein. „Nach unseren Erfahrungen und dem heutigen Wissen um diese Mechanismen des Machtmissbrauchs seien diese Formen des Umgangs weder zeitgemäß noch akzeptabel,“ so Tatjana Sterneberg.
V.i.S.d.P.: Förderverein BuG e.V., Stollberg, Tel.: 030-30207778 oder 0176-48061953
8 Kommentare
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12. April 2012 um 21:09
Rainer Wagner, UOKG
Sehr geehrter Herr Holzapfel,
inhaltlich möchte ich mich nicht zu Ihrer Presserklärung über die Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Herrn Reiprich äußern.
Allerdings ist eine Ihrer Formulierung für die UOKG absolut inakzeptabel. Es geht um das Wort „weisungsgemäß“. Weder die UOKG, noch ich als ihr Bundesvorsitzender, nehmen irgendwelche Weisungen Dritte entgegen. Vielmehr war es richtig die Meinung einer uns nahe stehenden und in den Fragen um Hoheneck äußerst kompetenten Person wie Herrn Reiprich den UOKG – Mitgliedern zur Kenntnis zu geben. Das jetzige Verhalten Ihres “Fördervereins“ , dass sicher der Errichtung einer Gedenkstätte nicht förderlich ist, zeigt mir die Richtigkeit meiner Entscheidung, die E$-Mail von Herrn Reiprich zu verlesen..
Mit freundlichem Gruß
Rainer Wagner
Bundesvorsitzender der UOKG
12. April 2012 um 21:12
Carl-Wolfgang Holzapfel
Die Formulierung „Weisungsgemäß“ bezieht sich eindeutig auf Deine Berücksichtigung der Reiprich-Wünsche vor den Anliegen verfolgter Kameraden. Jedenfalls hast Du Dich ausdrücklich auf Herrn Reiprich bezogen, sowohl bezüglich der Verlesung des Briefes wie der Verweigerung der Herausgabe.
Deine Wertschätzung für Herrn Reiprich will ich nicht und habe ich nicht zu kritisieren.
Du wolltest offenbar auch keine Aufnahme des Fördervereins (Deine Gründe kennen wir bis heute nicht). Wenn Du uns das vorher mitgeteilt hättest, hätten wir den Aufnahmeantrag von uns aus zurückgezogen. Wir hatten nicht vor, um eine Aufnahme zu betteln.
12. April 2012 um 15:17
Angelika Kanitz
EHEMALIGE HOHENECKERINNEN -Gästebuch
der erste streicht die Segel….Latozky
Warum wohl ?
Am 11.04.2012 um 18:05 Uhr schrieb Webmaster folgendes ins Gästebuch:
Eintrag Liebe Mitglieder, Scheiber- und LeserInnen,
nach vielen Jahren, die ich dieses Gästebuch geführt habe, will ich mich als dessen Betreiber nunmehr wieder etwas ins Privatleben zurückziehen, mich mehr um meine größer gewordene Familie kümmern. Der Frauenkreis sucht daher jemanden, der diese verantwortliche Arbeit weiterführen will. Geld hat es dafür nie gegeben, nur immer Mühe, Arbeit und auch Kritik.
Wer sich davon aber nicht abschrecken lässt und die Aufgabe gerne übernehmen will, wende sich bitte an den Vorstand. Das ich bei der Einarbeitung behilflich bin, ist selbstverständlich.
Alex
11. April 2012 um 21:10
Angelika Kanitz
Ja, Stefan das ist auch meine Meinung.
10. April 2012 um 21:03
Roy
Ja, Genosse Reiprich ist eben rastlos für einen – wie er zu DDR-Zeiten am Erich Honecker schrieb „besseren Kommunismus“
Sehr zu empfehlen das von ihm verfasste Traktat „Der verhinderte Dialog“.
10. April 2012 um 20:36
Angelika Kanitz
Als ich im Sommer vergangenen Jahres mit Herrn Holitzer von der „Runden Ecke „in Leipzig sprach, habe ich schon gewußt, was passiert. War das nicht abzusehen? Ich hatte damals viele Ehemalige vor der Übernahme gewarnt. Herr Holitzer wußte damals schon, daß die „Ehemaligen Hoheneckerinnen“ handlungsunfähig sind, da kein eingetragener Verein.
Er wußte damals schon, daß Hoheneck „sein“ Museum wird . Also, er suchte damals schon „vernüftige“ Partner.
Das Ihr so blind seid, habe ich nicht gewußt.
11. April 2012 um 13:04
Angelika Kanitz
Willkommen im Kapitalismus und in der Marktwirtschaft,
da kann man noch so beseelt sein von idealistischen Ideen,
“ Denn die einen stehn im Schatten und die andern stehn im Licht. und man sieht nur die im Lichte, die im Schatten sieht man nicht.
Bertolt Brecht
Zitat. havemann -stiftung:Buchwerbung
Der Student Siegfried Reiprich wird von der Universität gewiesen.
Anlaß für seine Exmatrikulation war die Mitgliedschaft im „Arbeitskreis für Literatur und Lyrik Jena“, in dem er mit Jürgen Fuchs und Lutz Rathenow zusammenarbeitete.
In dem vorliegenden Buch belegt Siegfried Reiprich mit Hilfe seiner Gedächtnisprotokolle und entsprechender Stasidokumente, wie er durch SED, FDJ und MfS „operativ“ bearbeitet wurde und die Universität verlassen mußte. Er wurde Opfer einer Partei, deren marxistisch-leninistische Philosophie er eigentlich studieren wollte.
Besonders die Protokolle, die der Autor nach den Tribunalen von FDJ- und SED-Funktionären gegen sich aufgeschrieben hat, lassen die äußerst unangenehme Atmosphäre wiederauferstehen, die so viele nicht mehr wahrhaben wollen. Diese Gedächtnisprotokolle bilden nun den ersten Teil des Buches.
Es werden die Vorgeschichte der Exmatrikulation und die Zersetzung durch das MfS danach bis Siegfried Reiprich und seine Frau 1981 das Land verließen erzählt. Zeitgeschichte konkret.
Obwohl eine sachliche Dokumentation, hat das Buch sehr persönliche Züge. Beispiel dafür ist die spürbare Enttäuschung über das teilweise Gelingen der Rufmordkampagne, die die Stasi gegen ihn führte. Das Gerücht, er hätte mit dem MfS zusammengearbeitet, konnte erst nach der Öffnung der Stasi-Akten vollständig ausgeräumt werden.
Der Textteil des Werkes wird ergänzt durch ein Verzeichnis der Dokumente, ein Glossar und ein Personenregister.
http://de.wikipedia.org/wiki/Siegfried_Reiprich
Na hat er doch Glück, also die Gerüchte so,so…
11. April 2012 um 18:56
Stefan Köhler
Was fällt mir dazu ein? Wir haben also eine wirklich ernsthafte, lautere, dem Leidensweg der Betroffenen aus eigener Erfahrung verpflichtete Initiative. Und sofort wird eine weitere ins Leben gerufen, der möglicherweise noch andere folgen. Teile und herrsche! Gelingt es nicht, einen Verein mit den einstigen Tätern zu unterlaufen, müssen solange weitere Vereine gegründet werden, bis die Durchsetzung gelungen ist. Denn Böcke wollen Gärtner sein, um ihre eigenen Schandtaten aufzuklären, indem sie systematisch verharmlost werden. Das klappt schon seit 1990 vorzüglich, und nur deshalb sitzen sie in allen einflussreichen Positionen und Ämtern ungestört herum. War das seit 1949 besser?