Berlin, 19.12.2011/cw – „Ein wirklich großer Mensch, ein Politiker, wie ihn sich viele Menschen vorstellen, ein Freiheitskämpfer und europäischer Integrator, dem besonders wir Deutschen zu tiefem Dank verpflichtet sind, hat uns verlassen“, heißt es zum Tod des tschechischen Dramatikers und ehemaligen Staatspräsidenten Vaclav Havel in einer Trauerbotschaft der Berliner „Vereinigung 17. Juni 1953“, die ihren Ursprung ebenfalls einem Freiheitskampf in Europa verdankt. „In einer Zeit der noch immer nicht überstandenen Dissonanzen zum Beispiel zwischen den einstigen Sudetendeutschen und dem jetzigen Tschechischen Staat habe Havel seine Aufgabe als Vermittler und Friedensstifter insbesondere zwischen den beiden Staaten und den durch gegenseitiges Unrecht verletzten Bürgern verantwortungsvoll im Sinne zukunftsorientierten europäischen Zusammenwirkens wahrgenommen. Sein mutiger Einsatz gegen die rote Diktatur, der entscheidend zur Freiheitsentwicklung auf unserem Kontinent beigetragen habe, bleibe unvergessen. Dieses sei ein dauerhaftes Vermächtnis für künftige Generationen, sich mutig und konsequent jedweder Tyrannei entgegenzustellen“, stellte der Vorstand fest.
Noch bis Freitag können sich Menschen in das im Botschaftsgebäude in Berlin-Mitte ausliegende Kondolenzbuch eintragen. Von Dienstag bis Donnerstag ist das jeweils von 10 bis 12 und von 14 bis 17 Uhr möglich, wie die Tschechische Botschaft mitteilte. Am Freitag, 23.12., nur noch vormittags von 10 bis 12 Uhr.
Auch das Bürgerkomitee Leipzig hat im Eingangsbereich des Museums „Runde Ecke“ ein Kondolenzbuch für Besucher und Bürger Leipzigs ausgelegt. Es besteht dort die Möglichkeit, sich während der Öffnungszeiten von 10.00 bis 18.00 Uhr bis Donnerstag, dem 21.12.2011, im Kondolenzbuch einzutragen. Das Buch wird nach einer Mitteilung des Leipziger Vereins der tschechischen Botschaft in Berlin übergeben.
http://www.runde-ecke-leipzig.de/cms/Presse.218.0.html
V.i.S.d.P.: Vereinigung (AK) 17. Juni 1953 e.V., Berlin, Tel.: 030-30207785 oder 0176-48061953
1 Kommentar
4. Januar 2012 um 00:45
Gustav Rust
Lieber Stefan,
Du bist nicht der einzige, der seine Strafe voll absaß.
Dafür müssen wir jetzt auch diesem … Staat und seinen Heuchlern, der sowieso 1994 (2 + 4. Paris) unterging und nur noch de facto besteht, für einen Freikauf nicht noch dankbar sein…
Auch Du hackst nur auf den Stasi- und Partei-Leuten herum, die überall in Ämtern sitzen. Die Kohl/Schäuble-Erpressung durch den vielgefeierten Gorbatschow vergeßt ihr fast immer! Das ist aber die Ursache für die jetzige Misere! Ich weiß, das ist solange her. Frage einmal Kamerad Adam Lauks danach oder gib seinen Namen bei Googl ein und suche in seinem elendig langen Inhaltsverzeichnis… Es ist eine von … stammende PDF-Datei zu Wladimir Bukowsky. Die stand vor Jahren einmal bei „Hilferufe von drüben“. Ich machte gleich ein Plakat daraus. Überschrift aus „Hvd“: „Gorbatschow bestimmte La Fontaine und Gysi zu Führern der Volksfront“. Ich kann nur nicht so viele Plakate aushängen, weil Touristen keine Zeit haben, abgesehen vom Wetter…
Dann stieß mir noch auf, daß Du „unserem Land“ schreibst: bekommst Du nicht „Deutschland“ aus der Tastatur? Ansonsten kann ich Deine Zeilen unterstreichen.
Mit kameradschaftlichen Grüßen,
Gustav Rust
21. Dezember 2011 um 07:25
Stefan Köhler
Da ich am 31.10 1968, gegen 6 Uhr morgens auf dem Wege zur Arbeit von einem vierköpfigen Stasi-Verhaftungskommando unter Adrohung vom Schusswaffengebrauch überfallartig verhaftet wurde, weil ich mich über mehrere Monate hinweg öffentlich gegen jede Einmischung in die inneren Angelgenheiten der CSSR geäußert hatte, kann ich die Leistungen des Verstorbenen und aller mit ihm Verbundenen besonders schätzen, weiß ich, welchen Gefahren sich alle aussetzten, die sich dem Stalinismus und dogmatischen, brutalen, faschistischen Sozialismus widersetzt haben. Jeder, der die „2000 Worte“ der tschechoslowakischen Reformer nicht mit seiner Unterschrift verurteilte, kam automatisch auf die schwarze Liste der Stasi. Wer das heute leugnet, der lügt.
Ich wurde zu 18 Monaten Haft verurteilt, die ich voll verbüßte. Berufung und Kassation wurden verworfen. Nichts anderes hatte ich erwartet. Nach meiner Entlassung aus dem politischen KZ folgte eine politischer Prozess dem anderen gegen mich. Doch die aus Unterstellungen und erdachten Wunschkonstrukten gebastelten Anklagen scheiterten eine nach der anderen. Die Verbrecherbande schreckte nicht einmal davor zurück, mir die Äußerungen anderer zu unterstellen, was sich jedoch nicht halten ließ, weil die falschen Zeugen vor Gericht umfielen. Das alles ist aktenkundig und kann jederzeit veröffentlicht werden.
Vor dem jetzt Verstorbenen verneige ich mich still in Hochachtung und Anteilnahme wie vor allen bereits verstorbenen einstigen Reformern.
Die verheerende Entwicklung der letzten 10 Jahre in unserem Lande, lässt die berechtigte Befürchtung wachsen, dass die einstigen Büttel der Diktaturen heute dringender denn je gebraucht und umworben werden.
Nur eines ist sicher: Die Ausgrenzung und Benachteiligung der einstigen Widerständler, Kritiker und Opfer wird zügig fortgeführt werden, während die Täterbegünstigung weiterhin ungebremst ausgebaut wird. Frisch gewendet sind alle einstigen Täter heute mit Träger der Macht, in allen Ämtern und in allen Positionen!
Die versprochenen weiteren Vergünstigungen für ehemalige politische Häftlinge der SBZ/DDR wurden als Ländersachen auf Eis gelegt und harren der „biologischen Lösung“ der Problems, das politische Opfer und Opfer jeglicher Kriminalität und jeglichen Justizirrtums hierzulande darstellen.
Stefan Köhler