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Funktionäre haben meist lukrative Posten geschaffen – für sich selbst

Hagen von Gunsteinberg

Frankfurt/Oder – Er bezeichnet sich nach wie vor als „größter Opferverband“ der Kommunismus-Opfer, der Verein VOS (Vereinigung der Opfer des Stalinismus), früher mit Sitz in Bonn, seit der Wende in Berlin. Allerdings schrumpften die eigenen Angaben rasant zwischen 2009 und 2011 von 12.000 auf aktuell ca. 1.800 Mitglieder. Das war nicht etwa Einsicht in gläserne Notwendigkeiten. Der Vorstand wurde vielmehr von aufmüpfigen Mitgliedern, die VOS spricht da eher von „Nestbeschmutzern“, gezwungen, die eigenen verbreiteten Zahlen in Richtung Realität zu stutzen. Der 2010 auf der Generalversammlung der Vereinigung präsentierte Rechenschaftsbericht spiegelte denn auch rein rechnerisch in den ausgewiesenen Mitgliedsbeiträgen das Mitgliederformat wider.

Hohe Mitgliederzahlen befördern die Förderung

Nun könnte man ja diese Zahlenspielereien vernachlässigen, zumal die VOS seit 1950 besteht und in der Tat einst tausende Mitglieder verzeichnen konnte, von den ehemaligen in sibirischen Lagern wie Tiere gehaltenen Heimkehrern wie den dazugekommenen aus politischen Gründen Verfolgten der einstigen DDR. Wäre da nicht ein gewisser Zusammenhang zwischen den ausgewiesenen Mitgliederzahlen und den vielfachen staatlichen und halbstaatlichen Förderungen für den Verein. Diese müssen meist alljährlich und meist dann auch Projekt-bezogen beantragt werden, auch für einen großen Verein ein zeitraubender, weil aufwendiger, nicht immer einleuchtender Arbeitsaufwand. Tatsächlich wird großen Vereinen sogar eine institutionelle Förderung zuteil, die kleinen Vereinen grundsätzlich mit dem Hinweis auf gesetzliche Bestimmungen verweigert wird. Daneben werden sogen. Projekte gefördert, und so fließen zum Beispiel der VOS viele, viele tausende Euro zur Bewältigung der Arbeit für die Opfer zu.

Auch das wäre und ist nicht zu beanstanden, solange die Vergabe der Gelder angemessen kontrolliert wird und im Ergebnis der Arbeit für die Betroffenen zufließt. Daran aber sind schon lange Zweifel angebracht. In den letzten  Jahren haben sich in vielen – nicht in allen – Verbänden dieser Couleur Funktionäre eingebracht, deren persönliches Interesse an den diesen Positionen zufließenden Geldern proportional in keinem Verhältnis zu dem einst idealistischen  Einsatz ihrer Vorgänger stehen. Hier sollen am Beispiel der VOS, weil sie sich als größter und damit repräsentativer Verband versteht, einige Denkwürdigkeiten angeführt werden, die zumindest geeignet sind, das bisher strahlende Licht eher als eine Funzelbeleuchtung wahrzunehmen.

Verschleiß an Führungspersonal und der Vorwurf auf Selbstbedienung

Seit 2002 wechselt das Führungspersonal des Verbandes schneller, als die Mitglieder sich die Namen der (nach-)gewählten Funktionäre einprägen können. Nun  wäre das ja auch unter normalen Umständen durchaus ein Nachweis für gelebte Demokratie und ideelles Engagement, das man bekanntlich nicht  oder kaum  über Jahrzehnte durchstehen kann. Im vorliegenden Fall handelte es sich zumeist dagegen um vereinsinterne Auseinandersetzungen, oft in der Führungsetage, die regelmäßig dann an die Öffentlichkeit drangen, wenn sich einstige Vorstandsmitglieder über  oder gegen die Gründe des Personalwechsels aussprachen. Dann wurden Vorwürfe erhoben, die bis zum Break-Point häufig ignoriert worden waren. Ein häufiger Vorwurf: Selbstbedienung.

Als jüngstes Beispiel kann hier ein Vorstandsmitglied angeführt werden, das sich zunehmend unter Druck gesetzt fühlte und darum sein Mandat niederlegte. Seine von ihm veröffentlichte Anklage gegen seine bisherigen „Kameraden“ liest sich streckenweise wie die Fleißarbeit eines tüchtigen Staatsanwaltes, würde er nicht darin Punkte anführen, die er schlicht und ergreifend aus kritischen Papieren von Mitgliedern abgeschrieben hatte. Diese Mitglieder hatte er als Vorstandsmitglied noch als „unqualifizierte Störenfriede, die dem Verein schaden wollten“ diffamiert.

So sehr es lohnt, sich mit dieser „Anklage“ inhaltlich auseinanderzusetzen, obwohl darin  auch deutliches Drohpotential gegen den Verein zu Papier gebracht wurde, so sehr fallen die Widersprüchlichkeiten auf. So fragt der

Aufgrund einer rechtlichen Auseinandersetzung haben wir an dieser Stelle vorsorglich einige Sätze aus dem Artikel herausgenommen, obwohl dieser Artikel  nicht Gegenstand des Antrages auf Unterlassung vom 29.08.2013 war. Wir haben gegen  die vom Landgericht Berlin erwirkte einstweilige Unterlassung (Az.: 27 0 481/13) Rechtsmittel eingelegt. Die Redaktion, 8.10.2013

letztlich zurückgetretene Funktionär, ob die VOS „überhaupt in der Lage sei, einen vernünftigen Rechenschaftsbericht vorzulegen, der einer Prüfung durch das Finanzamt“ standhalte. Auf der letzten Generalversammlung des Vereines hatte er noch kritische Fragen zum  Rechenschaftsbericht im Verein mit dem nun kritisierten übrigen  Vorstand zurückgewiesen. Und dabei auch geflissentlich übersehen, dass er selbst vom Oktober 2009 bis März 2010 monatliche „Aufwandsentschädigungen“ für eine Vorstandsfunktion erhalten hatte, die ihm durch Entscheid des Registergerichtes (März 2010) wieder aberkannt wurde. Über eine Rückzahlung der Entschädigung wurde bislang nichts bekannt.

Satzungstreue angemahnt, selbst gegen Satzung verstoßen

In seiner Philippika gegen die einstigen Vorstandskollegen mahnte der Rückgetretene die unbedingte „Achtung und Einhaltung der Satzung“ an. Er selbst hatte an der Satzung vorbei seine Wahl in den Vorstand organisiert und Kritiker mit dem Anwalt gedroht. Auch die Umformulierung der Satzung an den Mitgliedern vorbei, nach der nun  Vorstandsmitglieder und Vereinsfunktionäre entgeltlich für den Verein  arbeiten dürfen, hatte er mit vorbereitet und durchgesetzt. >…<

Aufgrund einer rechtlichen Auseinandersetzung um die Zugehörigkeit eines Außenhandelsbetriebes (AHB) der DDR zum behaupteten Bereich der Kommerziellen Koordinierung (KoKo) des Stasi-Obersten Alexander Schalck-Golodkowski  und der damit einhergehenden Folge von Unterlassungserklärungen sieht sich die Redaktion  veranlasst, einen Teil des Textes vom vorstehenden Artikel bis zur rechtlichen Klärung vorgenannter Auseinandersetzung aus dem Netz zu nehmen. Wir bitten um Verständnis.

Berlin, 7.02.2014

Die Redaktion

Zusammen mit einem Vorstandskollegen veröffentlichte er zum Jahresende allein vier Ausschreibungen für Beratungsposten im Internet, die rein zufällig auf die beiden Funktionäre zugeschnitten waren. Wieder rein zufällig fielen zwei Positionen wegen „mangelnder Finanzierung“ nach der Ausschreibung weg, die zwei restlichen  Positionen übernahmen rein zufällig die beiden Vorstandfunktionäre.

Bisherige Vorstands-Praxis ermuntert vermutlich Nachfolger

Ermuntert fühlen konnte sich der heftig in der Kritik gestandene und stehende Funktionär durch die bisherige Praxis im Verband. So verzichtete der Vorgänger des jetzigen Bundesvorsitzenden auf sein ihm zustehendes Mandat im Aufsichtsgremium des ZDF zugunsten seines Stellvertreters, damit dieser für „sein  Engagement für den Verband“ ein Zubrot (in Höhe von mindestens 600 Euro) erhalte. Dem zweifellos idealistischen Verzicht folgte die Billigung eines „Geschäftsbesorgungsvertrages“ zwischen  der Verbandsspitze und deren Mitglied und ZDF-Begünstigten, der für diese Leistung ein monatliches Salär in Höhe von 1.200 Euro aus den Beiträgen der Mitglieder vorsah. Pikant: Seit 2009 liegt dem Vorstand ein anwaltliches Gutachten über die Rechtswidrigkeit des Vertrages vor, ohne dass ein für erforderlich gehaltener neuer Vertrag abgeschlossen wurde. Selbstverständlich werden die monatlichen Vergütungen zwölf mal im Jahr, unabhängig von möglicher Abwesenheit durch Urlaub oder Krankheit, gezahlt, obwohl der Geschäftsbesorgungsvertrag ausschließlich eine Zahlung für erbrachte Leistungen vorsieht. Dass der Empfänger diese (und andere) Zahlungen (auch an sich) selbst anweist, ist da schon fast eine nicht mehr erstaunliche Randnote.

Denkwürdige Zurückhaltung der Geldgeber

Den Zuwendern der nicht unerheblichen Leistungen wie den möglicherweise zur besonderen Kontrolle berufenen Einrichtungen sind diese seltsam anmutenden Vorgänge seit Jahren bekannt, geschehen ist sichtbar – nichts. Eine merkwürdige Zurückhaltung, die möglicherweise andere Vereine und deren Funktionäre ermuntern könnte, ebenso zu verfahren. So ist der Vorsitzende eines aus mehreren Organisationen bestehenden Verbandes nicht nur Mitglied der VOS, sondern inzwischen multifunktional tätig. Sein Einkommen setzt sich vermutlich nicht mehr nur aus seiner ehrenwerten beruflichen  Tätigkeit zusammen, sondern auch aus vielfältigen  Abrechnungen oder auch Vergütungen mit diversen Einrichtungen für die Mitarbeit in deren Gremien.

Daran wäre auf den ersten Blick auch nichts anstößig, lägen die Fakten klar einsehbar auf dem Tisch, wären diese kontrollier- und nachvollziehbar. Das ist in dem einen wie dem anderen Beispiel nicht der Fall. Vor diesem Hintergrund stellen sich dann weitere Fragen:

Der jetzige Bundesvorsitzende der VOS war bislang stellvertretender Bundesvorsitzender des BSV (Bund stalinistisch Verfolgter), sein Bundes-Vize (in der VOS) Bundesvorsitzender des BSV. Laut aktuellem Registerauszug ist am 20.10.2011 zwar die Auflösung und die Insolvenz des BSV eingetragen worden (RG 25, Leipzig), die Fragen aber nach den Auswirkungen und möglichen  finanziellen Vorteilen aus diesen Wechselspiel-Positionen bleiben. Denn die „Haushalte“ wurden getrennt verwaltet und getrennt kontrolliert. Mithin wäre eine mögliche Überschneidung von Zahlungen zum Beispiel für ein und denselben Vorgang gar nicht auffindbar gewesen, zumal der BSV-Bundesvorsitzende nicht nur VOS-Vize-Bundesvorsitzender sondern auch deren „Schatzmeister“ und Geschäftsführer ist. Ein Schelm, der dabei nicht auf abwegige Gedanken kommt.

Mittlerweile laufen bekannte und weniger bekannte Ermittlungsverfahren. Gegen den bisherigen und zurückgetretenen VOS-Vize seit dem Frühjahr wegen des Verdachtes auf Abgabe einer falschen eidesstattlichen  Versicherung, gegen den Vertragspartner der VOS, deren Schatzmeister und Geschäftsführer wegen des Verdachtes der Veruntreuung; hier allerdings richtet sich der Verdacht gegen  den (seit 20.10.2011 einstigen) Bundesvorsitzenden des BSV (es handelt sich um ein und die selbe Person, immerhin).

Es sieht so aus, als hätten sich Opfer-Funktionäre auf dem Rücken ihrer Mitglieder lukrative Posten geschaffen, zum eigenen Nutzen und Frommen, zum  Schaden der öffentlich beklagten Diktatur-Opfer, die durch derlei Optionen auf dem besten Weg sind, ihre immerhin weithin noch vorhandene Reputation in der öffentlichen  Wahrnehmung zu verlieren. Wer sich als Mitglied gegen diesen Reputations-Verlust wehrt läuft Gefahr, mit juristischen Auseinandersetzungen und Prozessen überzogen zu werden. Für die Vereinskasse der VOS (noch) kein Risiko. Allein für das Rechnungsjahr 2008 wurden von der VOS 8.000 Euro an Anwalts- und Gerichtskosten für derartige Verfahren ausgewiesen (Rechenschaftsberichte für 2009 und 2010 liegen  bislang nicht vor). Viele Mitglieder wären dankbar, wenn sie nur annähernd über ein gleichwertiges Jahreseinkommen verfügen dürften.

© 2011: Hagen von Gunsteinberg, Frankfurt/Oder , 15.12.2011 (Anfragen ausschließlich über die Vereinigung (AK) 17. Juni 1953 e.V., die Hagen von Gunsteinberg für die Erlaubnis zur (kostenlosen) Wiedergabe dankt).

 

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