Sohn fand Streikführer in seiner Wohnung auf
22.12.2008/cw – Werner Herbig, einer der profiliertesten und bekanntesten Streikführer des Volksaufstandes vom 17.Juni 1953, ist tot. Wie die Vereinigung 17.Juni mitteilte, wurde sein Tod erst jetz bekannt. Herbig starb nach schwerer Krankheit am 11.Dezember im Alter von 89 Jahren in seiner Berliner Wohnung in Charlottenburg.
Sein Sohn besuchte seinen kranken Vater nahezu täglich. „Mindestens alle zwei Tage schaute ich nach ihm, denn er war in seinen letzten Lebensmonaten doch sehr gebrechlich,“ schildert er den für ihn schweren Tag. „Als ich am 11.Dezember wie gewohnt meinen Vater in seiner Wohnung aufsuchte, kam jede Hilfe zu spät. Er war friedlich eingeschlafen.“
Die Vereinigung 17.Juni würdigte in einem Nachruf die Verdienste des Verstorbenen. Der Vorsitzende, Carl-Wolfgang Holzapfel (64), erinnerte an die tragende Rolle, die Herbig während des Aufstandes in Mitteldeutschland in Görlitz gespielt habe. Der Verstorbene war Mitglied der seinerzeitigen Streikleitung.
Zum Zeitpunkt der Erhebung war Werner Herbig gerade arbeitslos. Zuvor sollte er im Pflanzenschutzamt in Dresden nachweisen, dass die damals grassierende Kartoffelkäferplage ein Sabotageakt der „imperialistischen US-Geheimdienste“ war. Herbig weigerte sich, an dieser Lüge mitzuwirken und wurde prombt entlassen. Am 17.Juni 1953 wurde Herbig von Kolonnen streikender Arbeiter überrascht, die ihn aufforderten: „Mensch, Herbig, marschiere doch mit.“ Uerwartet wurde er Mitglied der Görlitzer Streikleitung, „durch Wahl.“ wie er immer nicht ohne Stolz berichtete.
Noch am selben Abend wurde er von ausgesandten Trupps der Roten Armee verhaftet und einen Monat später zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt, die er in dem berüchtigten Zuchthaus Waldheim verbüßte. Nach der Haft flüchtete Werner Herbig mit seiner Frau „nur mit einer Aktentasche“ (Herbig) nach West-Berlin. Dort trat er kurze Zeit später der Vereinigung 17.Juni bei, die sich aus dem ursprünglichen „Komitee 17.Juni“ am 3.Oktober 1957 als selbständiger Verein formiert hatte.
1964 kam es dann zum Zerwürfnis. Herbig wollte den Verein in einen zwischenzeitlich beim damaligen Kuratorium Unteilbares Deutschland gegründeten „Arbeitskreis 17.Juni“ einbringen, was der damalige Vorstand ablehnte. So spaltete sich ein Teil der seinerzeitigen 17er vom Verein ab, Herbig wurde und blieb bis zu seinem Tod Vorsitzender des Arbeitskreises, der sich nach der Auflösung des Kuratoriums der Arbeitsgemeinschaft 13.August anschloss.
„Wir haben diesen unterschiedlichen Weg immer bedauert,“ stellt Holzapfel zum Tod des einstigen Streikführers fest. „Aber wir haben zu keiner Zeit dem Verstorbenen unsere Achtung und unseren Respekt für seinen Einsatz für die Einigkeit und Freiheit unseres Volkes verweigert. Wir werden ihn in dankbarer und würdiger Erinnerung behalten.“
Werner Herbig wird auf eigenen Wunsch am 16.Januar 2009 im Grab seiner verstorbenen Frau auf dem Luisenfriedhof beigesetzt. Wie sein Sohn mitteilte, wollte sein Vater entgegen seiner ursprünglichen Absicht, auf dem Ehrenfeld der Teilnehmer vom 17.Juni auf dem Friedhof Seestraße beigesetzt zu werden, die letzte Ruhe bei seiner Frau finden.
V.i.S.d.P.: Vereinigung 17.Juni 1953 e.V., C.W.Holzapfel, Tel.: 030-30207785 od. 0176-48061953
holzapfellyrag@aol.com
1 Kommentar
4. Oktober 2011 um 15:04
Christoph Hölker
Ich war von Juni 1982 bis April 1991 auch beim KURATORIUM UNTEILBARES DEUTSCHLAND (über das Landeskuratorium Rheinland mit Sitz in Siegburg) http://de.wikipedia.org/wiki/Kuratorium:Unteilbares_Deutschland MIT DABEI. Viele herzliche Grüße von Christoph Hölker Recklinghausen, den 4. Oktober 2011