Berlin, 05.09.2011/cw – Die Internet-Plattform „abgeordentenwatch“ (http://www.abgeordnetenwatch.de) bietet manchen  politischen Leckerbissen. Hier können Bürger Fragen an ihre Abgeordneten und Wahl-Kandidaten stellen. Das Besondere: Alles ist öffentlich, kann also von Interessierten aufmerksam verfolgt werden. Mithin werden ausbleibende Antworten genauso registriert, wie die Antworten selber. Ein Ausweichen oder Bla-bla-bla, wie oft im diskreten Briefverkehr möglich, wird sofort öffentlich und kann dem Kandidaten die eine oder andere Stimme kosten. Natürlich ist auch das Gegenteil möglich: Gute und präzise Antworten erhöhen sicherlich die Bereitschaft, einen glaubwürdigen Kandidaten zu wählen.

Das bei der Beantwortung auch häufig in der Hoffnung gelogen  wird, das Stimmvieh merke es ohnehin nicht, kommt seltener vor, lässt sich oftmals auch nicht bis zum Wahltermin  nachtragen und stellt schlimmstenfalls eine Verhöhnung des wählenden Bürgers dar.

Anweisungen? Gefälligkeiten? Tom Schreiber (3.v.links), Ronald Lässig (Mikrofon), Raed Saleh auf der SPD-VA im Rathaus Schöneberg am 27.07.2010

Auch Tom Schreiber, bereits Mitglied des Abgeordnetenhauses für die SPD und aus naheliegenden Gründen bestrebt, sein Mandat zu verteidigen (laut eigener im Internet veröffentlichter Vita ist er seit 2001 gewissermaßen Dauerstudent – http://www.spd-berlin.de/landesverband/personen-a-z/personen-m-z/schreiber-tom/), bekommt über abgeordnetenwatch Fragen gestellt. So von Tatjana Sterneberg, engagierte Aufarbeiterin von  SED-DDR-Unrecht, ehemalige politische Gefangene im DDR-Frauenzuchthaus Hoheneck und seit ihrem Freikauf 1976 engagierte Demokratin.

 

Tom Schreiber drohte mit Sperre von  Haushaltsmitteln

Hintergrund: Tom Schreiber hatte im Oktober und November 2009 in ungewöhnlicher Form an den ältesten DDR-Opferverband, die Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS) gemailt und unter Androhung von Haushaltssperren durch den zuständigen Ausschuss im Abgeordnetenhaus kategorisch den Ausschluss eines Verbands-Mitgliedes gefordert. Obwohl der Verdacht nahe lag, dass sich Schreiber wohlmöglich von seinem intimen Freund und damals illegal zum  stv. Vorsitzenden des Verbandes aufgestiegenen Genossen Ronald Lässig instrumentalisieren ließ, wollte Sterneberg nun  von dem Kandidaten Schreiber am 1.09.2011 wissen, ob dieser nach erheblicher fast zweijähriger Nachdenkzeit zu seinem „ungewöhnlichen Engagement“ als Abgeordneter stände? Nachdem zuvor postalische wie Mail-Anfragen unbeantwortet geblieben waren, nutzte die streitbare Bürgerin das zitierte Frage-Forum im Internet, um auf diesem Weg eine Antwort zu erhalten (siehe (http://www.abgeordnetenwatch.de/tom_schreiber-417-45265–f307608.html#q307608).

Unverblümt Schleifen um  die Wahrheit

Tom Schreiber muss sich seiner Sache sicher sein, sonst würde er kaum so unverblümt Schleifen um die Wahrheit ziehen. Seine Antwort vom 5.09.2011 kurz und knapp: „Ihre Einlassungen entsprechen nicht dem Sachverhalt. Ihre Fragen wurden bereits beantwortet.

Nun können ja die Mails vorgelegt werden oder sind sogar nachlesbar:(http://mauerdemonstrant.wordpress.com/author/mauerdemonstrant/ vom 05.07.2011 „Keine lässigen Kotskis“). Auch die Fragen wurden bisher nicht, wie dreist behauptet, von Tom Schreiber beantwortet.

Mit Lügen  ins Abgeordnetenhaus? Warum kann der Abgeordnete Schreiber nicht erklären: „Meine Mails waren ein Fehler, ich bedauere diese.“ Oder: „Ich vertrete die Meinung, ein Abgeordneter kann sich sehr wohl in interne Angelegenheiten eines Vereins einmischen. Und die Drohung mit der Sperrung von Haushaltsmitteln gehört dabei zum üblichen  politischen Geschäft, wie die Erledigung freundschaftlicher Bitten oder Aufträge.“

Der SPD-Junior hat gute Aussichten

Vielleicht gelingt dem Jung-Profi ja diese Tour. Schade um die Wähler, die z.B. nicht in abgeordnetenwatch lesen oder keinen PC haben. Diesen wird ein wesentliches Stück der Abgeordneten-Wirklichkeit vorenthalten. Aber vielleicht interessiert das ja in Schreibers Wahlbezirk Treptow-Köpenick mit seiner besonderen Wahl-Klientel wirklich Niemanden. Hatte man doch vierzig Jahre lang Gelegenheit, sich an Lügen und Halbwahrheiten zu gewöhnen. Wohl nicht ohne Grund kandidiert auch Gregor Gysi vor Ort, allerdings für den Bundestag. Der SPD-Junior hat also gute Aussichten…

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